David «der Teufelsgeiger» Garrett. Vom Wunderkind zum Cross-Over-Fiddler und Herzensbrecher

Es gibt sie schon, seit es die Geige gibt – die Stargeiger. Der dritte und letzte Satz des Stargeiger-Trios ist dem jüngsten Mitglied gewidmet – dem Deutschen David Christian Bongartz alias David Garrett. Je nach biografischer Quelle unterscheidet sich die Altersangabe des teuflischen Virtuosen. Aber ziemlich sicher ist er zwischen 1980 und 1982 in Aachen […]

Es gibt sie schon, seit es die Geige gibt – die Stargeiger. Der dritte und letzte Satz des Stargeiger-Trios ist dem jüngsten Mitglied gewidmet – dem Deutschen David Christian Bongartz alias David Garrett.

Je nach biografischer Quelle unterscheidet sich die Altersangabe des teuflischen Virtuosen. Aber ziemlich sicher ist er zwischen 1980 und 1982 in Aachen geboren. Sein Vater ist Paul Georg Bongartz. Er betreibt bis heute das gleichnamige Auktionshaus für alte Instrumente, das vornehmlich auf Edelgeigen spezialisiert ist. Sein Vater war es auch, der dem damals dreijährigen David das Geigespielen beibrachte. Schnell machte er erstaunliche Fortschritte, spielte zunächst kleine, dann immer grössere Konzerte und seine Eltern wurden bald exponentiell karrieregeil. Sie rieten ihm, auch weil’s besser tönte, den Namen Garrett anzunehmen, den Mädchennamen seiner Mutti. Das funktionierte bestens und bereits mit 13 (oder doch 15?) war er bei Deutsche Grammophon exklusiv unter Vertrag und Dirigentenstars wie Claudio Abbado nahmen Platten mit ihm auf. Nicht schlecht, Herr Specht!

Anschliessend ging er ans Royal College of Music in London. Was Vernünftiges studieren noch. Es war allerdings ein kurzes Gastspiel dort. Er wurde nicht gespickt, weil er es schon zu gut konnte, sondern weil der punkige David nie zugegen war bei Vorlesungen. Ein paar Jahre Sturm und Drang bei seinem Bruder in New York folgten. Auch ein paar CDs, die aber weit weniger erfolgreich waren. Als es dann gar nicht mehr lief, musste er schliesslich, wieder zurück in Deutschland, sogar für den deutschen Kleiderhersteller s.Oliver T-Shirts designen. Autsch.

Was Neues musste her. Ein neues Image. Eine neue Frisur. Dann kam 2005 die Platte «No Dress Code» raus, mit Stücken von Brahms bis Sarasate; das erste Album der seither anhaltenden Erfolgsära des David Garrett. Weg von Frack und Etikette zierte zunächst ein Emo-artiger Look mit längeren Haaren und Schminke sein Antlitz. Es war auch Schluss mit schnöden Konzerthäusern mit verkorksten Greisen drin. Lieber Stadien und Open Airs. Hey, Klassik ist doch voll geil, Leute! Aber auch Popsongs wie Coldplay’s Viva la Vida und Schnulzen können es bringen. Oder gar Töne aus 1000 und einer Nacht und anderen fernen Gegenden. Auch geil. Jeder Auftritt perfekt gestylt, mit Licht- und Special Effects. Angezogen zwar wie ein Gigolo-Friseur aus der Vorstadt, fiddelte er von nun an Fugen und Sonaten, Love- und Rocksongs erfolgreich vor Tausenden.

Auch wenn oft die Wahl der Werke für das Klassik-Publikum etwas gar weltlich ausfiel, musste es sich neidlos eingestehen, dass David Garrett wirklich virtuos Violine spielen kann. Seine Bedeutung im Musikgeschäft wuchs und wuchs. Ebenso seine Fangemeinde und seine Haare. Zunehmend mehr wurden auch seine Yellow Press-Geschichtchen; von mehreren gleichzeitigen Liebschafften und Eifersuchtsdramen war da die Rede («Jede Liaison ist dabei so aufflammend und rasant wie sein Geigenspiel und verebbt nach zwei Monaten wieder», schrieb die Bunte). Oder von wegen dass er sich selbst nicht schön fände, oder dass er seinen Vater verklagen will für eine verpatzte Kindheit.

Tüchtig ist er ja, dieser Garrett. Und kreativ. So designt er auch eine eigene, totenkopflastige Schmuckserie beim Billigschmuck-Hersteller Thomas Sabo. Und letztes Jahr versuchte er sich als Schauspieler in «The Devil’s Violinist», hierzulande besser bekannt unter dem Titel «Der Teufelsgeiger». In besagtem Kostümfilm gibt er den Geigenvirtuosen und Komponisten Niccolò Paganini, wie’s ihn nach London verschlägt und wie er sich dort in eine schöne Sopranistin verliebt. Die Synopsis allerdings ist dünn, die Figurenstrukturen wirken unselbständig, die Dialoge scherenschnittartig. Fast schon froh ist man da, seit längerem im Sessel eingedämmert, über etwas italienische Geigenmusik, vorgetragen vom Teufelsgeiger. Denn die stört wenigstens nicht bei der Schlaffindung. Nach knapp 90 Minuten ist klar: Das Geigenspiel liegt dem Cross-Over-Interpreten bei weitem besser als das Schauspiel. Aber zugegeben: Veronica Ferres als Sängerin war noch schlechter. Und besser als Madonna in Evita war er auch.

Wir dürfen also gespannt sein, was uns der Musicus Diabolus noch alles an Überraschungen bereithalten wird in Zukunft. Denn sicher ist eins: Unterhaltsam ist David «Teufesgeiger» Garrett. Mit oder ohne Stradi.

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