Es ist ein Tabuthema: Belgien erwägt derzeit, Sterbehilfe bei Kindern zu erlauben. In der Schweiz wäre es theoretisch bereits möglich, Minderjährigen Hilfe zum Suizid zu leisten.
Das Strafgesetz verbietet die Beihilfe zum Selbstmord bei minderjährigen Personen nämlich nicht explizit. Die Sterbehilfeorganisation Exit leistet nach eigenen Angaben aber nur Erwachsenen Hilfe zum Suizid.
«Nur unsere Mitglieder können Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen. Und um Exit-Mitglied zu werden, muss man volljährig sein», sagte Jérôme Sobel, Präsident von Exit Suisse Romande, am Freitag der Nachrichtenagentur sda. In der Deutschschweiz gelte die gleiche Regelung. «Wir haben daher bisher noch keine Anfragen von Minderjährigen bekommen», sagte Sobel.
«Nicht schockiert»
Dass Belgien erwägt, die Sterbehilfe auf Kinder auszudehnen, schockiert Sobel aber nicht, wie er in einem Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Matin» vom Freitag sagte. Bei den minderjährigen Personen, die ihrem Leben ein Ende setzen möchten, handle es sich um Ausnahmen. Es gebe aber keinen Grund, diese nicht ernst zu nehmen.
«Stellen Sie sich einen 16- oder 17-jährigen Jugendlichen vor, der Krebs im Endstadium hat», sagte Sobel. Wenn dieser urteilsfähig sei, den Wunsch nach Sterbehilfe mehrmals wiederhole und seine Eltern einverstanden seien, so könnte die Sterbehilfe gerechtfertigt sein. «Aber das wären Ausnahmen, die von der Justiz kontrolliert werden müssten.»
In der Schweiz sei es noch zu früh, um das Thema anzugehen. Die Ärzte müssten zunächst Schritt für Schritt lernen, mit dieser Praktik bei Erwachsenen umzugehen, sagte Sobel.
Gesetzesänderung gefordert
Bei der Beihilfe zum Selbstmord wird einer Person die tödliche Substanz vermittelt, die dieser ohne Fremdeinwirkung selber einnimmt. Das ist in der Schweiz gemäss Artikel 115 des Strafgesetzbuches nicht verboten, solange keine selbstsüchtigen Motive vorliegen. Die Frage der Minderjährigkeit wird nicht erwähnt.
Verboten ist in der Schweiz hingegen, jemandem einen tödliche Substanz zu verabreichen – auch wenn dieser das verlangt und es aus Mitleid geschieht. Sobel sprach sich am Freitag erneut dafür aus, dies künftig zu erlauben. Das Parlament hatte sich aber bereits 2001 dagegen ausgesprochen.