Die Kasachstan-Affäre hat für die Berner FDP-Nationalrätin Christa Markwalder keine direkten Konsequenzen. Das Büro des Nationalrates ergreift definitiv keine Disziplinarmassnahmen. Es fordert aber eine Auslegeordnung zum Lobbyismus.
Dass die Kasachstan-Affäre keine strafrechtlichen Folgen hat, stand bereits fest. Die zuständigen Kommissionen von National- und Ständerat hatten entschieden, Markwalders Immunität nicht aufzuheben.
Die Immunitätskommission des Nationalrates bat allerdings gleichzeitig das Büro des Nationalrates, gegen Markwalder Disziplinarmassnahmen wegen Verletzung des Kommissionsgeheimnisses zu ergreifen – obwohl sich das Büro bereits dagegen ausgesprochen hatte.
Das Nationalratsbüro bleibt nun bei seinem früheren Entscheid. Es sei der Ansicht, dass die Immunitätskommission keine neuen Fakten vorgebracht habe, die eine Neubeurteilung rechtfertigen würde, teilte es am Freitag mit.
Auslegeordnung zum Lobbyismus
Handlungsbedarf sieht das Ratsbüro indes sehr wohl: Es wünscht sich eine umfassende Auseinandersetzung über Lobbyismus, Zugang von Interessenvertretern zum Bundeshaus und Transparenzregeln. Das Ziel sei eine breite Auslegeordnung, schreibt das Büro. Gesucht seien wirksame und pragmatische Lösungen, die der Realität eines Milizparlaments Rechnung trügen.
Über das Thema diskutiert hat das Ratsbüro auf Basis einer Motion, mit welcher Lukas Reimann ein transparentes Lobbyregister fordert. Zum Thema sind jedoch zahlreiche andere Vorstösse hängig, mit welchen sich die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) befassen wird. Das Ratsbüro beantragt dem Rat deshalb, die Motion abzulehnen. Deren Anliegen soll die SPK im Rahmen der Auslegeordnung prüfen.
Lobbyisten sollen Mandate angeben
Markwalder hatte Unterlagen aus der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats an eine Lobbyistin weitergegeben. Zudem hatte sie eine Interpellation zu Kasachstan eingereicht, auf deren Wortlaut nicht nur die Lobbyistin, sondern eine der autoritären Regierung nahe stehende kasachische Partei massgeblichen Einfluss genommen hatte.
Bekannt wurde das während der Sommersession, und die Parlamentarierinnen und Parlamentarier reagierten umgehend: Mit Vorstössen forderten sie Massnahmen für mehr Transparenz. Andrea Caroni (FDP/AR) etwa verlangt, dass Lobbyisten mit Zutrittskarte zum Bundeshaus im bestehenden öffentlichen Register nicht nur ihren Arbeitgeber, sondern auch ihre Mandate angeben müssen.
Auch Didier Berberat (SP/NE) möchte, dass Lobbyisten jedes Mandat melden müssen. Sie sollen sich ausserdem akkreditieren lassen und dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen. Balthasar Glättli (Grüne/ZH) wiederum fordert neben der Liste der permanenten Zutrittsberechtigungen auch eine Liste der von Parlamentsmitgliedern gewährten temporären Zutrittsberechtigungen für das Bundeshaus.
Parlamentarier sollen Einkünfte offenlegen
Andere Vorstösse betreffen nicht die Lobbyisten, sondern die Parlamentsmitglieder. Die SP-Fraktion fordert, dass Parlamentsmitglieder die Einkünfte, die sie aus ihren Tätigkeiten und Interessenbindungen erzielen, ab einer bestimmten Höhe dem Ratsbüro melden müssen.
Auch nach dem Willen der Grünen Fraktion sollen Ratsmitglieder ihre Angaben zu Interessenbindungen mit Angaben zu den damit verbunden Entschädigung ergänzen müssen. Peter Keller (SVP/NW) schlägt vor, dass Einkünfte aus Tätigkeiten und Interessenbindungen abgestuft deklariert werden, je nach Höhe. Alternativ schlägt er eine freiwillige Deklaration vor.
Kathrin Bertschy (GLP/BE) schliesslich fordert, dass Ratsmitglieder in Kommissionssitzungen bei Geschäften, von denen ihr persönliches Einkommen unmittelbar betroffen ist, in den Ausstand treten müssen. Ob eine oder mehrere dieser Ideen nach der Kasachstan-Affäre mehrheitsfähig sind, wird sich zeigen. In der Vergangenheit wurden Vorstösse für mehr Transparenz oder eine Einschränkung des Zugangs von Lobbyisten zum Bundeshaus stets abgelehnt.