Knapp 70 Jahre nach Kriegsende ist am Mittwoch in Berlin das Denkmal für die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma eingeweiht worden. Am Festakt nahmen neben Politikern auch mehr als 100 Überlebende des Holocaust teil.
„Der Völkermord an Sinti und Roma hat tiefe Spuren hinterlassen und noch tiefere Wunden“, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Ansprache. Das Denkmal erinnere an eine Opfergruppe, die öffentlich „viel zu lange viel zu wenig wahrgenommen wurde“.
Zugleich mahnte Merkel, das ehrende Gedenken an die Opfer beinhalte auch das Versprechen, Minderheiten zu schützen. Gemeinsam mit Bundespräsident Joachim Gauck und zahlreichen Roma-Vertretern gedachte sie an dem Mahnmal neben dem Reichstag in einer Schweigeminute der Opfer.
Der „vergessene Holocaust“
Der Zeitzeuge Soni Weisz sagte bei der Einweihung, der Völkermord an Sinti und Roma sei der „vergessene Holocaust“. Er berichtete vor den Zuhörern, wie er seiner Deportation ins Vernichtungslager Auschwitz entging, aber zuschauen musste, wie seine Eltern und Geschwister abtransportiert wurden.
Das Denkmal sei ein „Zeichen der Anerkennung des zugefügten Leids“, aber auch der Hoffnung, dass „Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus nicht mehr diese Formen annimmt wie in den dreissiger Jahren.“ Weisz kritisierte zugleich den Umgang mit Sinti und Roma in der Gegenwart. Die Gesellschaft habe „fast nichts“ gelernt.
Tägliche Zeremonie
Das vom israelischen Bildhauer Dani Karavan gestaltete Mahnmal liegt in unmittelbarer Nähe des Reichstags. Es besteht aus einem zwölf Meter breiten, kreisrunden Wasserbecken mit einer dreieckigen Stele in der Mitte.
Bei der Eröffnungszeremonie wurde diese vor den Augen der Festgäste nach unten versenkt und mit einer frischen Blüte darauf wieder in die Höhe gehoben. Diese Prozedur soll täglich stattfinden. „Dieses Denkmal ist ein Ort der Hoffnung, dass sich solche ungeheuren Verbrechen niemals wiederholen“, sagte Karavan.
Hunderttausende Tote
Auf den Brunnenrand ist auf Englisch und Deutsch das Gedicht „Auschwitz“ des italienischen Dichters Santino Spinelli eingraviert, der selbst Roma ist. In eindringlichen Worten beschreibt das Gedicht das Leid der Holocaust-Opfer.
Neben dem Denkmal ist auf Tafeln die Chronologie des Völkermords an Sinti und Roma aufgezeichnet. Während der NS-Gewaltherrschaft wurden nach Schätzungen rund 500’000 Sinti und Roma systematisch verfolgt und ermordet.