Der Balade-Blues: wieder schmeisst ein Pächter im Klingental hin

Das Restaurant Balade ist wieder einmal pleite. Die Betreiber sehen den Grund fürs Scheitern im Milieu rund ums Lokal. Andere Beispiele zeigen, dass das nicht zwingend so sein muss.

Toller Bau an toller Lage. Dennoch leidet das Restaurant «Balade» an mangelnder Rentabilität. (Bild: Daniel Faulhaber)

Das Restaurant Balade ist wieder einmal pleite. Die Nähe zum Rotlichtmilieu macht dem Betrieb zu schaffen. Andere Beispiele zeigen, dass das nicht zwingend so sein muss.

Das Restaurant Balade schliesst per Ende August. Geschäftsleitung und Vorstand der Gesellschaft für Arbeit und Wohnen (gaw) gaben als Betreiber des Restaurants diesen Beschluss am 15. Juni der Öffentlichkeit bekannt. Die Ursache sei wirtschaftlicher Natur, hiess es in einer Pressemitteilung – die Gästefrequenz und damit Umsatz sowie Ertrag seien unter den Erwartungen geblieben. Nach fünf Jahren ist der Betrieb nun deshalb am Ende.

Das Klingental verliert damit ein beliebtes Lokal, bei vielen Gästen genoss das Restaurant einen ausgezeichneten Ruf, wie die positiven Bewertungen des Gastro-Ratgebers «Basel geht aus» zeigen. Allerdings ist das gescheiterte Projekt der gaw kein Einzelfall, im Gegenteil: Nachrichten von einem Wirtewechsel im Restaurant «Balade» haben schon beinahe Tradition. Mit fünf Jahren Pachtzeit gehört die gaw gar zu den erfolgreicheren Betreiberinnen, zuvor hatten sich die Pächter in deutlich kürzerer Frequenz die Klinke in die Hand gedrückt. 

Gute Bedingungen in anrüchiger Nachbarschaft

Dabei profitiert das Lokal von einem Standort, von dem andere Betriebe nur träumen können: In unmittelbarer Nähe zum Rhein im Herzen Kleinbasels gelegen und in Nachbarschaft zur Kulturhochburg Kaserne. Eigentlich müsste das «Balade» ein erfolgreicher Betrieb sein, darum drängt sich die Frage auf: Warum kommt das Restaurant trotz zahlreicher Bemühungen nicht auf Touren? 

Einer, der sich von diesen Vorzügen der Lokalität einiges versprochen hatte, ist der Geschäftsführer der gaw, Martin Müller. Ihm war aber auch ein weiterer Faktor bewusst, der die Bewertung der Lage in einem anderen – roten – Licht erscheinen lässt: Das «Balade» steht in unmittelbarer Nähe zum Strassenstrich. Was anfangs kein Problem war, änderte sich, als ein benachbartes Haus von einem Salonbetrieb in ein Stundenhotel umgewandelt wurde.

«Der Laufverkehr ist nun deutlich höher, die Prostituierten sind nun mit und ohne Freier direkt vor dem Haus präsent», erklärt Müller. Vor allem im Sommer empfanden das viele Gäste als lästig. Die gaw versuchte zu reagieren: Stühle und Tische sollten näher an die Fassade gerückt werden, um den Verkehr vor dem Haus zu unterbinden. Aus feuerpolizeilichen Gründen erhielt das Restaurant dafür aber keine Bewilligung.  «Die Stadt kam uns in diesem Punkt nicht gerade entgegen», sagt Müller. 

Nachfolger gesucht – unter erschwerter Vorraussetzung  

Auch Beat Gerber, Direktor des Hotels Balade, kennt das Problem. Mit dem Quartiersekretariat Kleinbasel sowie den Wohnungseigentümern im selben Haus bemüht er sich schon lange um politische Massnahmen gegen das Anschaffen vor dem «Balade». «In den sechs Jahren, seit ich hier bin, hat sich die Situation massiv verschlechtert», sagt Gerber. «Die Konkurrenz im Milieu ist heute grösser und darum wird aggressiver geworben, der Werberadius beschränkt sich längst nicht mehr auf die Toleranzzone Ochsengasse, Webergasse und Teichgässlein.»

Gerber wurde von der Nachricht über die Schliessung des Restaurants überrascht. Das Hotel ist als Stockwerkeigentümer für die Vermietung des Lokals zuständig. Restaurant und Hotel werden zwar separat betrieben, die beiden Betriebe stehen aber in regem Kontakt. Vielen Hotelgästen kommt das Angebot im eigenen Haus natürlich entgegen. Umso mehr bedauert Gerber den Auszug der gaw, denn einen neuen Pächter zu finden, wird wohl nicht einfach. «Die aktuelle Situation ist für potenzielle Betreiber nicht gerade attraktiv, wir setzen dennoch alles daran, möglichst bald einen Nachfolger zu finden», sagt Gerber. 

Er betont aber, dass das Hotel trotz den widrigen Umständen nach wie vor «sehr gut läuft» und nicht von der Schliessung betroffen ist. Nach dem ersten Bericht der TagesWoche sei er mehrmals darauf angesprochen worden. «Wir haben in den dreieinhalb Jahren seit wir den Betrieb übernommen haben einen grossen Stammkundenkreis und treue Bucherinnen und Bucher gewinnen können.» Dies spiegle sich auch in den Rückmeldungen der Gäste auf den Bewertungsportalen, wo sich das Unternehmen – gemäss Gerber – von knapp 70 auf 85 Punkte von 100 verbessert habe.

Das Restaurant verschwindet hinter der Fassade

Machten das Rotlichtmilieu und pingelige Stadtbeamte dem «Balade» einen Strich durch die Rechnung? Ein Blick auf die Terrasse des benachbarten Restaurant Klingental legt nahe, dass diese Erklärung zu kurz greift. Die Kultbeiz ist denselben Bedingungen ausgesetzt wie das «Balade», doch während dort die Tische leer bleiben, findet man im «Klingeli» abends kaum einen freien Platz. Die Beiz verfolgt eine klare Strategie: Späte Öffnungszeiten (17:30 bis 04:00 Uhr) und eine währschafte Küche sollen ein durchmischtes Publikum anlocken.

«Mit unserem Konzept lässt es sich hier ausgezeichnet wirtschaften», sagt der Wirt Roland Mühle, «man muss sich dem Quartier halt auch anpassen.» Das Rotlichtmilieu habe eine lange Tradition im Klingental, als ambitionierter Betrieb die Prostitution für den ausbleibenden Erfolg verantwortlich zu machen, sei darum nicht fair.

Küche und Service des «Balade» geniessen einen guten Ruf, doch fehlt dem Betrieb ein klares Profil.

Küche und Service des «Balade» geniessen einen guten Ruf, doch fehlt dem Betrieb ein klares Profil. Aktuell ist der Betrieb von aussen kaum als eigenständiges Restaurant zu erkennen, es verschwindet hinter der einheitlichen Fassade des gesamten Balade-Komplexes. 

Gegenwehr im eigenen Haus

Urs Bossert hatte als vormaliger Pächter des «Balade» den Schritt aus der Anonymität versucht. In seinem Restaurant hiess die Bar «Duubeschlaag» und abends bevölkerte die eine oder andere Clique den Saal. Die Nähe zum Rotlichtmilieu hat ihn wenig gestört. «Was uns zurückgeworfen hat, waren die Lärmklagen der Wohnungseigentümer im Haus», sagt Bossert. «Wir wollten Leben in der Bude und kein Schlaflokal.»

Nach drei Jahren anhaltenden Widerstands musste Bossert – wie die gaw aus wirtschaftlichen Gründen – aufgeben. Er glaubt nach wie vor an das wirtschaftliche Potenzial eines Restaurants Balade, allerdings nicht unter den aktuellen Rahmenbedingungen. «Man muss da etwas ganz anderes machen», sagt Bossert.

Möglich, das die vieldiskutierte Umwandlung des Klingentals in eine Fussgängerzone dem «Balade» etwas Ruhe bescheren wird. Auch die geplanten Aufwertungsmassnahmen auf dem Kasernenareal dürften dem Haus in die Karten spielen. Vielleicht kann der künftige Betreiber dereinst ein fröhlicheres Lied singen als den Blues.

Artikelgeschichte

Der Artikel wurde durch die Klarstellung von Hotel-Direktor Beat Gerber ergänzt, dass das Hotel nicht von der Schliessung betroffen ist.

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