Der Churer Bischofssprecher Giuseppe Gracia hat Erklärungsbedarf. Der Medienmann von Bischof Vitus Huonder bediente im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal im Kapuzinerorden aus dem Hintergrund Medienleute mit Informationen – und flog prompt auf.
In einer persönlichen Erklärung teilte der Bischofssprecher unlängst mit, er habe ohne Wissen von Bischof Vitus Huonder und aus persönlichen Gründen zwei Medienschaffende unter Verweis auf den Quellenschutz auf mögliche höhere Verantwortliche im Vertuschungsskandal um Pater Joël aufmerksam gemacht.
Der angesprochene Pater ist heute 76-jährig. Der Kapuzinermönch soll in der Vergangenheit jahrelang sexuelle Übergriffe auf Jugendliche verübt haben. Der Freiburger Daniel Pittet enthüllt in einem Buch, wie er als Kind von diesem pädophilen Priester missbraucht wurde.
Die höhere Verantwortung
Bischofssprecher Gracia empfand es nach eigenen Angaben als seine Pflicht, auf eine mögliche Verantwortung des damaligen für die Aufsicht verantwortlichen Provinzials Mauro Jöhri hinzuweisen, den höchsten Kapuziner schweizweit. Dafür schaltete er zwei Medienschaffende ein und machte einen Quellenschutz geltend.
Quellenschutz bedeutet, der Bischofssprecher wollte seinen Namen als Informat nicht in der Zeitung lesen. Das musste er jedoch: Gracias Pech war, dass ihn einer dieser Medienschaffenden im Text erwähnte.
Was dem Bischofssprecher postwendend den Vorwurf eintrug, er wolle Mauro Jöhri anschwärzen, weil Jöhri als Administrator für das Bistum Chur gehandelt werde. Gracia gab an, persönliche Grunde hätten ihn veranlasst, auf höhere Verantwortliche im Vertuschungsskandal aufmerksam zu machen.
Bischöfliches Verständnis
Von höherer Warte gab es Rückhalt für den umtriebigen Bischofssprecher. Auf der Hompage der Churer Diözese steht aktuell zu lesen, Bischof Vitus Huonder werte das selbständige Handeln seines Medienverantwortlichen im Missbrauchsskandal um Pater Joël als Versuch, der vollen Aufklärung zu dienen.
Auch der Bischof sei an der Wahrheit interessiert und habe Verständnis für das Handeln des Medienverantwortlichen. Der Churer Bischof wird im April 75 Jahre alt und muss dem Papst dann seinen Rücktritt anbieten.
In einem am Donnerstag in der Tageszeitung «Südostschweiz» publizierten Leserbrief verteidigte Gracia sein Vorgehen erneut. Er beklagte sich: Wenn der Informant im Fokus stehe statt die Information, dann sei das ein Indiz für eine institutionelle Vertuschung. Und gegenüber der Nachrichtenagentur sda sagte der Bischofssprecher, für die Arbeit investigativer Journalisten seien vertrauliche Informanten wichtig und oft die einzige Chance, etwas aufzudecken.