Der FC Zürich steht beim Auftakt der Europa-League-Gruppenphase heute in Villarreal einem spanischen Topteam gegenüber. Der Challenge-League-Leader rechnet mit einem schwierigen Abend.
Den Absturz in die Zweitklassigkeit hat der Verein einigermassen verarbeitet. Klubchef Ancillo Canepa spricht davon, «den ersten Schock relativ gut weggesteckt zu haben». Der ansprechende Start in der Challenge League hat den Normalisierungsprozess vereinfacht.
Von den schweren Turbulenzen ist beim Cupsieger nicht mehr viel zu spüren. Im sportlichen Sektor hat der Klub wieder Tritt gefasst. «Wir sind nicht mehr in einer Notfallphase. Die Brände sind gelöscht», ist Canepa überzeugt.
Seit dem 1:1 in Wil hat der FCZ ausnahmslos gewonnen. Dem Absteiger ist es gelungen, das Verlierer-Image umgehend abzustreifen und mit dem neuen Status richtig umzugehen. Weil im Alltag bislang alles nach Plan verläuft, können sich die Stadtzürcher relativ sorgenfrei mit ihrer attraktiven Zusatzaufgabe befassen. Entsprechend taxieren sie die europäische Kampagne derzeit primär als Bonus und keinesfalls als möglichen Substanzverlust.
«Die Freude überwiegt, und gewisse Ambitionen sind angebracht. Wir sind und bleiben zielorientiert», legt sich Canepa fest. Ein Schonprogramm kommt für ihn im Frühherbst nicht infrage. Uli Forte stützt die Haltung des Chefs selbstredend und wird zu Beginn der Gruppenphase mit der «bestmöglichen Elf» spielen. Ihm ist der prominente Rahmen bewusst: «Halb Europa schaut auf diese Spiele. Jeder will sich von seiner besten Seite präsentieren.»
Ihm schwebt die maximale Effizienz vor: «Wir wollen so weit wie möglich kommen.» Und er glaubt, dass jeder im Team nur schon im eigenen Karriere-Interesse einen Sondereffort bieten wolle: «Der Europacup ist eine hervorragende Plattform, um den Marktwert zu steigern.»
Keine Quantensprünge
Chiasso, Villarreal, Bellinzona. Zürich bewegt sich innerhalb weniger Tage in komplett verschiedenen Dimensionen. Im Vergleich zu den klammen Klubs aus dem Tessin wirkt der FCZ mit seinem Budget oberhalb der 20-Millionen-Grenze wie ein Koloss, im Duell mit der Nummer 4 der Primera Division hingegen ist er nichts anderes als ein krasser Aussenseiter.
Von Quantensprüngen mag Forte nicht sprechen, eher von der Herausforderung, sich innert Kürze an die wechselnden Begleitumstände anzupassen. Schwierig sei es, nach der Partie in Villarreal in der 2. Cup-Runde gegen den 1.-Liga-Klub Bellinzona wieder auf die nötige Betriebstemperatur zu kommen.
Im El Madrigal erwartet Forte einen stürmischen Abend. «Dort gingen schon einige Teams unter.» Von der spanischen Schule schwärmt der FCZ-Coach: «Eine tolle Spielphilosophie! Bis vor Kurzem wollte die ganze Welt die Spanier kopieren. Sie beherrschten den Fussball jahrelang.»
Europäische Topklasse
Hinter dem FC Villarreal steckt eine bemerkenswerte Organisation. Der für iberische Verhältnisse familiär geführte Verein von Eigentümer Fernando Roig gehört erst seit 1998 mit vereinzelten Rückschlägen zur obersten nationalen Kategorie. Innerhalb der letzten zehn Jahre legte der Klub dank seiner exzellenten Akademie und smarten Transfers erheblich zu. 2006 erreichte «El Submarino Amarillo» in der Champions League die Halbfinals.
In der letzten Saison wurde Villarreal in der Europa League nach sieben Heimsiegen mit nur einem Gegentor erst im Halbfinal-Rückspiel in Liverpool (0:3) gestoppt. Im Sommer investierte der erste Verfolger der Giganten Barça, Real Madrid und Atletico über 50 Millionen in frisches Personal. Im August kam aber Unruhe auf. Eine Affäre wegen angeblicher Verfälschung des Abstiegskampfs kostete dem langjährigen Erfolgsgaranten Marcelino Toral den Trainer-Job.
Die möglichen Aufstellungen:
Villarreal – Zürich. – El Madrigal, Villarreal. – 21.05 Uhr. – SR Delferière (BEL).
Villarreal: Asenjo; Mario Gaspar, Musacchio, Ruiz, Jaume Costa; Castillejo, Bruno Soriano, N’Diaye, Tscheryschew; Borré, Sansone.
Zürich: Vanins; Brunner, Kecojevic, Nef, Voser; Sarr, Kukeli; Winter, Buff, Rodriguez; Sadiku.
Bemerkungen: FCZ ohne Brecher, Kleiber (beide verletzt), Chiumiento (rekonvaleszent), Cabral (nicht im Aufgebot).