Der frühere päpstliche Kammerdiener im Vatikan steht vor Gericht

In der sogenannten Vatileaks-Affäre hat am Samstag der Prozess gegen Paolo Gabriele begonnen, den früheren Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. Der 46-jährige Gabriele muss sich wegen schweren Diebstahls aus den innersten Gemächern des katholischen Kirchenoberhaupts verantworten.

Paolo Gabriele (r.) vor Gericht (Bild: sda)

In der sogenannten Vatileaks-Affäre hat am Samstag der Prozess gegen Paolo Gabriele begonnen, den früheren Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. Der 46-jährige Gabriele muss sich wegen schweren Diebstahls aus den innersten Gemächern des katholischen Kirchenoberhaupts verantworten.

Er steht im Mittelpunkt der sogenannten Vatileaks-Affäre um die Weitergabe hunderter interner Dokumente aus dem Vatikan an italienische Medien.

Zum Prozess, der in einem vatikanischen Gerichtssaal aus dem 19. Jahrhundert in unmittelbarer Nähe der Peterskirche stattfindet, liess der Vatikan in einem für den Kirchenstaat bisher beispiellosen Schritt acht Journalisten als Beobachter zu – Filmaufnahmen von dem Verfahren wurden allerdings verboten. Die Gegend, in der sich der Gerichtssaal befindet, ist für Besucher des Vatikans strikt abgeriegelt.

Im Verlauf des ersten Prozesstags wurde entschieden, den päpstlichen Privatsekretär Georg Gänswein, als Zeugen zu vernehmen. Der Deutsche Gänswein war der direkte Vorgesetzte Gabrieles. Ein Antrag von Gabrieles Verteidigung, das Gericht für unzuständig zu erklären, wurde abgelehnt. Am Dienstag soll Gabriele, der in einem hellgrauen Anzug vor Gericht erschien und blass wirkte, selbst angehört werden.

Dem verheirateten Vater dreier Kinder wird vorgeworfen, über Monate hinweg vertrauliche Dokumente kopiert und unter dem Decknamen „Maria“ dem Journalisten Gianluigi Nuzzi zugespielt zu haben. Gabriele wurde im Mai festgenommen, sass mehrere Wochen im Gefängnis und steht nun unter Hausarrest. Ihm drohen bis zu vier Jahre Haft, sollte er nicht von Benedikt XVI. begnadigt werden.

„Mittler“ des Heiligen Geistes

Den Ermittlern in der Affäre sagte Gabriele, der seit dem Jahr 2006 unmittelbar für den Papst gearbeitet hatte und stets als ergebener Diener Benedikts XVI. galt, er habe die gestohlenen Papiere weitergegeben, um gegen „das Böse und Korruption“ vorzugehen. Er bezeichnete sich dabei selbst als „Mittler“ des Heiligen Geistes. Gabriele ist einer der 594 Staatsangehörigen des Vatikans.

Im kürzlich auch auf Deutsch erschienenen und von Nuzzi verfassten Buch „Seine Heiligkeit“ geht es vor allem um Macht und Geld. Unter anderem nimmt das Werk die wegen Vorwürfen der Geldwäscherei immer wieder in der Kritik stehende Vatikanbank ins Visier. Deren früherer Chef Ettore Gotti Tedeschi wurde im Mai entlassen.

In einem anonym geführten Interview mit Nuzzi hatte Gabriele im Februar gesagt, es gebe „etwa 20“ Gleichgesinnte im Vatikan. Den Vatikan bezeichnete er darin als „Königreich der Heuchelei“. Zudem sagte Gabriele, er sei sich der möglichen Konsequenzen seiner Taten bewusst, sei das damit verbundene Risiko aber um der Sache willen eingegangen. Nach der Festnahme von Gabriele im Mai tauchten weitere interne Dokumente des Vatikans in der Öffentlichkeit auf.

Weiteres Verfahren

Angeklagt ist in der Affäre auch der Informatiker Claudio Sciarpelletti, bei dem Dokumente Gabrieles gefunden wurden. Am Samstag erschien Sciarpelletti nicht persönlich im Gerichtssaal, sondern wurde von einem Anwalt vertreten. Das Gericht trennte seinen Prozess dann von dem Verfahren Gabrieles. Ein neuer Termin für Sciarpelletti wurde zunächst nicht bekannt.

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