In den Achtzigerjahren wanderte die Künstlerin Vivian Suter von Basel nach Guatemala aus. Nun kehrt sie für kurze Zeit zurück – für eine Ausstellung in der Kunsthalle Basel.
Wenn Vivian Suter von ihrem Wohnort Panajachel in Guatemala erzählt, so entsteht das Bild eines Idylls vor unseren Augen: ein grosser See, drei Vulkane, reiche Vegetation. Eine touristisch gut erschlossene Gegend, drei Stunden von Guatemala City entfernt. Ihr Atelier liegt oben am Ende eines steilen Weges auf einem Berg, mit Aussicht auf die waldreiche Umgebung. Ihr Bildlager befindet sich wie ihre Wohnung unten im Dorf, das am Seeufer liegt.
Nicht immer allerdings ist es in Panajachel bezaubernd schön. Manchmal, da steigen die Wasser des Sees und der Flüsse, schwellen an, bis sie über die Ufer treten. Dann kann es vorkommen, dass vom Himmel fallende Wassermassen Erde in Suters Lager tragen. So geschah es im Jahr 2010, als der Tropensturm Agatha über Zentralamerika hinwegzog und Panajachel Überschwemmungen und Erdrutsche brachte. Damals stand Vivian Suter in ihrem Lager mehr als knietief im Schlamm. Ihre grossformatigen Gemälde, die sie dort lagert, hingen mit der unteren Hälfte im dreckigen Wasser.
Diese Spuren sieht man nun an einigen Bildern in der Ausstellung «intrépida» in der Kunsthalle Basel. Sie hätte sie aufwendig restaurieren können, natürlich, erzählt Vivian Suter. «Doch der Schlamm ist jetzt Teil der Werke», sagt sie. «Teil ihrer Geschichte.» Das braune, bröcklige Material wirkt tatsächlich keineswegs wie ein Fremdkörper auf den Gemälden, er fügt sich fast harmonisch ein – seiner Entstehung zum Trotz.
Natur als Konstante
Suters Werke zeigen die Natur. Ihre Umgebung beeinflusste die 64-Jährige stets in ihrem Tun. Eine Konstante im Leben der zurückhaltenden und stillen Frau, von denen es wohl nicht allzu viele gibt.
Vivian Suter wurde 1949 in Buenos Aires, Argentinien, geboren. Als sie zwölf Jahre alt war, zog die Familie nach Basel. Suter ging zur Schule, besuchte später die Malfachklasse an der damaligen Kunstgewerbeschule. «Kunst gehörte immer zu meinem Leben», erzählt sie. Auch ihre Mutter Elisabeth Wild malte immer, auch heute noch, mit 92 Jahren. Sie lebt wie ihre Tochter inzwischen in Panajachel, kann aber kaum mehr reisen. Sie wird deshalb auch diese Ausstellung verpassen, obwohl dort auch Werke von ihr hängen.
Über die Einladung der Kunsthalle freut Vivian Suter sich sehr. «Es ist eine grosse Ehre», sagt sie über die erste Einzelausstellung hier in diesem Haus, das sie doch so gut kennt. Auch wenn sie seit den Siebzigerjahren immer viel reiste, sich kurzfristig in Wien, Afrika oder Rom niederliess – Basel hatte immer einen festen Platz in ihrem Leben. Damals hatte sie bereits ihre ersten Ausstellungen und mit der Galerie Stampa hier am Rheinknie ihre erste Vertretung. Noch heute zeigt diese ihre Werke, Suter reist deshalb mindestens einmal jährlich nach Basel, zur Art im Juni.
In jungen Jahren heiratete die geborene Vivian Wild den Autoren Martin Suter. Die Ehe hielt nicht ewig, die Freundschaft aber blieb bis heute. Wie auch der Nachname. «Es machte für mich keinen Sinn, ihn abzulegen», sagt Vivian Suter. «Auch, weil ich schon unter diesem Namen bekannt war.»
Reiselustige Künstlerin
Schon damals hatte sie sich für Guatemala als Wohnort entschieden. Ihre Reiselust hatte sie nach Los Angeles geführt und von da spontan weiter – zuerst nach Mexiko, dann noch ein bisschen weiter Richtung Süden. Das Land und seine Leute faszinierten sie. Die Offenheit und Freundlichkeit, mit der man ihr begegnete.
Nicht immer sind die Zeiten in Guatemala einfach. Nicht nur, wenn Überschwemmungen drohen. Auch die politische Situation, die Abhängigkeit ihrer Wohnregion vom Tourismus, immer wieder aufkeimende Kriminalität, all dies erlebt Suter auch. Wenn sie auch die meiste Zeit damit verbringt, im Atelier oben auf dem Berg zu malen. Wenn sie nicht gerade ihre Hunde versorgt oder im Garten arbeitet. Die Natur spielt in allem, was sie tut, eine grosse Rolle. Eine Grenze allerdings zieht sie: Die Motive ihrer Werke sind zwar inspiriert von Wind, vom Regen, von den Vulkanen oder von Pflanzen, die Farben aber, die sie dafür benutzt, bleiben künstlich hergestellt. «Davon bin ich nie abgekommen», sagt sie lachend. «Das wäre dann doch zu viel gewesen.»