Der schmutzige Wahlkampf geht in die zweite Runde

Mit einem Unentschieden zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten Juan Manuel Santos und Oscar Iván Zuluaga endeten am Sonntag die Wahlen in Kolumbien. Zu einer endgültigen Entscheidung wird es am 15. Juni kommen, in einer direkten Stichwahl zwischen Santos und Zuluaga.

Die Kolumbianer müssen nochmals zur Wahl antreten. Die Sicherheitsvorkehrungen vor den Stimmbüros dürften am 15. Juni nicht kleiner werden. (Bild: CHRISTIAN ESCOBAR)

Mit einem Unentschieden zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten Juan Manuel Santos und Oscar Iván Zuluaga endeten am Sonntag die Wahlen in Kolumbien. Zu einer endgültigen Entscheidung wird es am 15. Juni kommen, in einer direkten Stichwahl zwischen Santos und Zuluaga.

In einem Präsidentschaftswahlkampf, der als einer der schmutzigsten in die Geschichte Kolumbiens eingehen wird, musste gestern Juan Manuel Santos eine empfindliche Niederlage hinnehmen. Santos war als amtierender Präsident des südamerikanischen Landes zur Wiederwahl angetreten und hatte die Wählerlisten noch bis vor wenigen Wochen laut Umfragen überlegen angeführt. Ein zweites Mandat schien bereits gesichert.

Anfang Mai jedoch veröffentlichte die Tageszeitung «El Espectador» einen Artikel, in dem Santos vorgeworfen wurde, sein Wahlkampfmanager habe während seiner letzten Kampagne vor vier Jahren 12 Millionen Dollar von Drogenbaronen erhalten. Ex-Präsident Alvaro Uribe, politischer Ziehvater des Opositionspolitikers Oscar Iván Zuluaga, hatte die Vorwürfe öffentlich bekräftigt. Beweise jedoch, die mehrfach auch die Staatsanwaltschaft von ihm gefordert hatte, präsentierte er nicht.



epa04225813 Colombia's current president and candidate for the presidential elections, Juan Manuel Santos (L) delivers a speech next to his wife Maria Clemencia Rodriguez Muneraat (R) his campaing headquarters in Bogota, Colombia, 25 May 2014. Democratic

Hat eine empfindliche Niederlage hinnehmen müssen: der amtierende Präsident von Kolumbien, Juan Manuel Santos. (Bild: MAURICIO DUENAS CASTANEDA)

Hacker angestellt – Friedensverhandlungen abgehört

Wenige Tage nachdem sich Santos auf Grund der Vorwürfe von seinem Wahlkampfmanager trennen musste, kam es dann erneut zum Skandal. Diesmal war die Reihe an Zuluagas Partei «Centro Democrático – Demokratische Mitte». Diese hatte den Hacker Andrés Sepúlveda beschäftigt, der die auf Kuba geführten Friedensgespräche zwischen der linksgerichteten FARC-Guerilla und Santos‘ Regierung heimlich abgehört hatte.

Zwar beteuerte Zuluaga zunächst er würde Sepúlveda kaum kennen, dann jedoch wurde kurz nach dessen polizeilicher Festnahme ein Video bekannt, das Sepúlveda und Zuluaga im Gespräch zeigt. Der Hacker erklärt darin dem Präsidentschaftskandidaten die illegal erworbene Information, und wie sie zu nutzen sei. Der Verdacht, dass es sich um einen Spionagevorgang handelt liegt nahe und selbst wenn Zuluaga nicht der Auftraggeber wäre, so hätte er den Vorfall dennoch bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige bringen müssen. Da er dies nicht tat, könnte die Geschichte also noch ein gerichtliches Nachspiel für ihn haben.

Die Wahl bedeutet auch die Wahl zwischen Frieden und Krieg

In Kolumbien gibt es zahlreiche Themen, die es verdient hätten auf der Wahlkampfagenda eines Präsidentschaftskandidaten zu stehen. Das Gesundheits- und Rentensystem gehört zu den schlechtesten Südamerikas und es gibt nur wenige Länder in der Region, in der die soziale Ungleichheit derart gross ist wie hier. Zum Beispiel bleiben jedes Jahr Hunderttausende Kinder und Jugendliche auf Grund der hohen Kosten vom Schul- und Universitätssystem ausgeschlossen.

Und dennoch – Santos und Zuluaga einigten sich auf ein einziges, zentrales Wahlkampfthema: die 2012 von Juan Manuel Santos mit den FARC-Rebellen initiierten Friedensverhandlungen, ein Thema, das das Land tief spaltet. Während Santos im Falle einer Wiederwahl den Frieden verspricht, lehnt Zuluaga Verhandlungen mit der Guerilla ab. Nur unter der Bedingung, dass die Rebellen umgehend ihre Waffen niederlegen wäre er zu Gesprächen bereit. Die Guerilleros jedoch, das haben sie bereits angekündigt, lehnen einen dauerhaften einseitigen Waffenstillstand ab.

Man möchte meinen, dass Kolumbien nach mehr als 50 Jahren einen Frieden herbeisehnt. Das Ergebnis vom Sonntag jedoch lässt daran zweifeln. Zwar hat keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht, aber immerhin hat Oscar Iván Zuluaga mit 29,25 Prozent der Wählerstimmen den aktuellen Präsidenten Santos knapp um 3,56 Prozent geschlagen. Dieser hatte 25,69 Prozent der Stimmen erhalten (bis zur Publikation dieses Artikels waren 99,97 Prozent der Stimmen ausgewertet).



epa04225861 Colombian presidential candidate for the Democratic Center Party, Oscar Ivan Zuluaga (C) delivers a speech to supporters in Bogota, Colombia, 25 May 2014. Zuluaga won with a 29.25 percent in the first round of the Colombian presidential electi

Hat Grund zum Jubeln: Herausforderer Oscar Ivan Zuluaga hat eine Stichwahl errungen. (Bild: LEONARDO MUNOZ)

Tauziehen um Wählerstimmen

Da weder Santos noch Zuluaga die absolute Mehrheit erreicht haben, wird es am 15. Juni zur Stichwahl zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten kommen. Traditionell werden dabei die drei abgeschlagenen Präsidentschaftskandidaten Martha Lucía Ramírez (15,52 Prozent), Clara López (15,23 Prozent) und Enrique Peñalosa (8,28 Prozent) eine wichtige Rolle spielen. Sie werden versuchen, ihre Wähler für den Kandidaten zu gewinnen, der ihnen ideologisch oder politisch am nähesten steht.

Juan Manuel Santos beschreibt sich selbst als gemässigten rechten Politiker, während Oscar Iván Zuluaga die konservative Rechte Kolumbiens präsentiert. Martha Lucía Ramírez ist Kandidatin der Konservativen Partei und dürfte mit grosser Wahrscheinlichkeit versuchen ihre Wähler ins Lager Zuluagas zu bringen.

Schwierig dürfte sich die Situation für die linke Kandidatin Clara López gestalten, deren Wähleranteil nahezu identisch mit dem ihrer konservativen Kollegin Ramírez ist. Vorausgesetzt López schlägt sich in Santos‘ Lager, stets hatte sie geäussert die Friedensverhandlungen zu unterstützen, dann könnte bei der Stichwahl in drei Wochen das Zünglein an der Waage der Grüne Kandidat Enrique Peñalosa spielen. Sollte Clara López jedoch mit Zuluaga ins Gespräch kommen, dann wäre es in Kolumbien eine linke Politikerin, die einem rechtskonservativen Präsidenten ins Amt verhelfen würde.

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