Jede Woche stirbt mindestens ein Patient, der vergeblich auf ein Organ wartete. Noch immer werden in der Schweiz zu wenig Organe gespendet, viele müssen aus dem Ausland importiert werden.
Der Schweiz fehlen Organspender. 2014 haben zwar rund 500 Menschen eine Organspende erhalten, dieser Zahl gegenüber stehen allerdings nur 117 Verstorbene, denen nach ihrem Tod eines oder mehrere Organe entnommen wurden.
Das sind zwar sieben mehr als im Vorjahr, doch um die vielen Patienten auf der Warteliste zu versorgen, reiche das bei weitem nicht, wie die Stiftung Swisstransplant anlässlich der Bekanntgabe der Jahreszahlen mitteilt.
Und auch der Import von Organen aus dem Ausland reichte im vergangenen Jahr nicht, Ende des letzten Jahres warteten 1370 Personen auf ein lebensrettendes Organ. 61 Personen starben, die auf der Warteliste eingetragen waren. Betroffen seien insbesondere diejenigen gewesen, die ein Herz, eine Lunge oder eine Leber benötigt hätten, heisst es in der Swisstransplant-Mitteilung weiter.
Gemäss Swisstransplant importierte die Schweiz 25 Organe aus dem Ausland. (Bild: swisstransplant.ch)
Schweizer spenden weniger als europäische Nachbarn
Im europäischen Vergleich liegt die Spenderrate der Schweiz im unteren Drittel. Den Mangel an Spenderorganen versuchen Bund und Kantone mit einem 2013 lancierten Aktionsplan zu bekämpfen. Konkret sieht der Aktionsplan vor, mit besser geschultem Personal in den Spitälern die Zahl der Organspenden zu steigern. Ansetzen soll der Aktionsplan in dem Moment, in dem sich Betroffene oder Angehörige mit der Frage einer Organspende auseinandersetzen müssen. Er umfasst unter anderem auch Verbesserungen bei spitalinternen Abläufen.
An Spendewilligen mangle es in der Schweiz nicht, schreibt Swisstransplant in der Medienmitteilung und zitiert ihren Chef Franz Immer: «Wir wissen aus der engen Zusammenarbeit mit Jugendlichen, dass über 80 Prozent zwischen 16 und 25 die Organspende befürworten.»
Beschäftigung mit dem eigenen Tod
Organe einer verstorbenen Person dürfen in der Schweiz nur dann entnommen werden, wenn sie oder allenfalls die Angehörigen zugestimmt haben. Ein Systemwechsel hin zur Widerspruchslösung hat politisch einen schweren Stand: Nach dem Ständerat sprach sich vergangenen Oktober auch die vorberatende Kommission des Nationalrats dagegen aus.
Der Nationalrat selbst hat noch nicht entschieden, ob künftig die Organentnahme durchgeführt wird, wenn die Person sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hatte. Die Nationale Ethikkommission lehnte in einer Stellungnahme die Widerspruchslösung ab: «Eine Entnahme der Organe ohne explizite Zustimmung der betroffenen Person (oder deren Angehörigen) würde deren Persönlichkeitsrechte verletzen.»
Die Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften schloss sich dieser Haltung an (Link zur Stellungnahme, pdf). Es sei ethisch heikel, «wenn dem Individuum vom Staat ein Zwang zur Beschäftigung mit dem eigenen Tod auferlegt würde.»
Diese Haltung hat Swisstransplant-Direktor Franz Immer bereits früher kritisiert: «Ich bin enttäuscht, dass die NEK die ethische Komponente des Organmangels kaum diskutiert», sagte er gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Jährlich sterben etwa 100 Menschen in der Schweiz unverschuldet, weil sie kein Spenderorgan erhalten. Das ist auch ein ethisches Problem.»
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Ein Organspendeausweis kann auf der Website von Swisstransplant bestellt werden. Er lässt sich auch direkt ausdrucken oder als App fürs Smartphone installieren.
Die Zahl der Personen, die auf ein Organ warten, steigt stetig.