Der Ständerat sagt Ja zur «Lex USA»

Die «Lex USA» hat eine erste Hürde genommen: Der Ständerat sagt mit 24:15 Ja zum Steuerdeal. Das Ergebnis ist überraschend deutlich.

Die erste Hürde ist genommen: Der Ständerat sagt Ja zum Steuerdeal. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die «Lex USA» hat eine erste Hürde genommen: Der Ständerat sagt mit 24:15 Ja zum Steuerdeal. Das Ergebnis ist überraschend deutlich.

Die Debatte im Ständerat ist vorbei, der Entscheid gefallen. Es ist eine epische Debatte gewesen, voller markiger Voten, Gegensätze und Bedenken. Bundeshauskorrespondent Philipp Loser hat die Debatte live dokumentiert – das Ergebnis:

Fazit: Das Resultat ist unerwartet deutlich. Verantwortlich dafür sind verschiedene SP-, FDP-, und SVP-Ständeräte, die gegen die Parteilinie gestimmt haben. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf kann allerdings noch nicht aufatmen: Im Nationalrat wird das Ergebnis nicht so deutlich ausfallen.

15:10 Uhr: Der Ständerat nimmt den US-Deal an, deutlich sogar: Mit 24 zu 15 Stimmen (2 Enthaltungen) stimmt der Rat dem Gesetz zu. Nun ist der Nationalrat an der Reihe, wo das Geschäft am nächsten Dienstag behandelt wird. Über die Dringlichkeit wird erst nach einer allfälligen Differenzbereinigung entschieden.

15.05: Gesamtabstimmung!

14.55 Uhr: Der Antrag von Recordon wird abgelehnt. Er nimmt gleich den nächsten Anlauf: Allfällige Bussen sollen nicht als Geschäftsaufwand gelten und damit nicht von den Steuern abgezogen werden dürfen. Laut Kommissionspräsident Konrad Graber und Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf ist das aber bereits heute der Fall.

14.45 Uhr: Es geht vorwärts im Ständerat. Noch stehen drei Minderheitsäntrage und eine Kommissionsmotion zur Debatte, danach geht es zur Schlussabstimmung. Das Wort hat wieder Luc Recordon, der in einem weiteren Antrag vorschlägt, dass die Finma Ausgleichzahlungen von Banken verlangen kann, wenn diese im Vergleich zu anderen Banken eine zu kleine Busse von den USA erhalten.

14.35 Uhr: So schnell gehts und der letzte Blog-Eintrag ist von der Realität überholt: Der Antrag von Luc Recordon, bei der Finma eine Untersuchung zum Verhalten der Banken in Auftrag zu geben, wurde angenommen. Was die Chancen für die «Lex USA» weiter erhöht.

14.30 Uhr: Die verschiedenen Minderheitsanträge haben einen schweren Stand. Dennoch darf sich Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf freuen: Auch wenn Luc Recordon (Grüne, VD) in der Gesamtabstimmung wie angenommen Nein stimmen wird (und damit wie bereits in der Kommission seine Meinung zwischen Eintreten und Gesamtstimmung ändert), hat das Gesetz immer noch die Chance auf ein qualifiziertes Mehr: Ratspräsident Filippo Lombardi wird an der Gesamtabstimmung teilnehmen – und mit Rücksicht auf die Tessiner Kantonalbank wohl Ja sagen. Damit käme man auf 24 Ja-Stimmen und das Gesetz hätte die vom Bundesrat gewünschte Dringlichkeit.

14.25 Uhr: Der Rat lehnt den Antrag von Anita Fetz mit 23:16 Stimmen ab.

14.15 Uhr: Da sind wir wieder! Die Detailberatung hat begonnen und von dieser Beratung hängt es ab, ob der Ständerat dem Deal in der Gesamtabstimmung zustimmt. Die ersten, kleinen Änderungen gehen ohne Widerspruch durch den Rat. Ein erstes Mal spannend wird es bei einem Antrag von Anita Fetz; sie möchte die verantwortlichen Banker per Finma zur Verantwortung ziehen. Hannes Germann warnt davor, das Gesetz zu überladen – weil es sonst abstürzen könnte. Was Anita Fetz in Rage bringt: «Nach Ihrem Verhalten in der Eintretensdebatte, muss ich mir das nicht anhören!» Germann hatte am Vormittag gegen das Eintreten gestimmt.

13.00 Uhr: Mit 24 zu 20 Stimmen tritt der Ständerat auf das Geschäft ein. Die Detailberatung beginnt um 13.45 Uhr.

13.00 Uhr: Nun wird abgestimmt.

12.45: Uff. Die Rednerliste ist abgearbeitet, nun ist Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf an der Reihe. Nach ihrem Votum wird über das Eintreten auf die Vorlage abgestimmt. «Wir sind überzeugt, dass wir unser Land das Beste tun, was wir tun können.» Bei einem Nein würden weitere Banken ins Visier der USA geraten. «Mit Anklagen ist zu rechnen.» Darüber hinaus würde die Schweiz wohl auch einen Reputationsschaden erleiden. «Wir möchten Sie bitten, den Banken die Grundlage zu geben, ihre Probleme zu lösen.»

12.40: Paul Rechsteiner wird eintreten, Claude Janiak (SP, BL) wird sich enthalten – weil er zu wenig über den Inhalt des Vertrags weiss.

12.30 Uhr: Paul Rechsteiner (SP, SG) bemüht das fünfphasige Trauermodell von Elisabeth Kübler-Ross. Das Schweizer Bankgeheimnis befinde sich in einer der fünf Phasen – in welcher, das sagt Rechsteiner leider nicht (und hängt wohl auch vom jeweiligen Parteibuch des Betrachters ab). Sicher sei nur: «Das Bankgeheimnis ist dem Tode geweiht.»

12.20 Uhr: Markus Stadler (GLP, UR) erklärt sehr ausführlich, sehr differenziert, sehr … nun ja. Er tritt auf das Geschäft ein.

12.15 Uhr: Ratsvizepräsident Hannes Germann erklärt den weiteren Ablauf: Bis um 13 Uhr soll die Eintretensdebatte abgeschlossen sein. Bei einem Ja wird die Verhandlung am Nachmittag fortgesetzt.

12.15 Uhr: Das war ein Auftritt ganz im Stil von Thomas Minder: Flammend, laut und etwas frech. Nach ihm vertritt Werner Luginbühl (BDP, BE) die Haltung seiner Finanzministerin: eintreten, annehmen.

12.00 Uhr: Urs Schwaller (CVP, FR) will auf das Geschäft eintreten – die Risiken einer Ablehnung des Gesetzes seien zu gross. Nach ihm spricht Thomas «Abzocker-Initiative» Minder. Und das ziemlich drastisch: «Ich hätte nie gedacht, dass wir uns aussenpolitisch so erniedrigen lassen.» Mit einem Ja zum Deal riskiere man einen «Flächenbrand der grösseren Sorte». Minder empfiehlt jedem Schweizer Bankmitarbeiter in Zukunft nicht mehr in die USA zu reisen.

11.45: Auf This Jenny (SVP, GL) ist Verlass: Der ewige Abweichler wird anders als die SVP auf die Vorlage eintreten. Alles andere sei «Harikiri» (kein Schreibfehler). Jenny brilliert wie so häufig mit besonders blumiger Sprache: Hosen runterlassen («obwohl das unansehnlich wäre»), Blechtrommler, Kraftmeiereien, Muskelspiele, Todesurteile – you name it.

11.40 Uhr: Das wird nichts mit den Fraktionsausflügen für den Ständerat. Die Argumente wiederholen sich nun in rascher Folge in nicht kürzer werdenden Voten. Georges Theiler (FDP, LU) vertritt die Parteilinie, Roberto Zanetti (SP, SO) die Haltung von Anita Fetz und Luc Recordon (Grüne, VD) will eintreten aber mehr Informationen.

10.55 Uhr: Peter Föhn (SVP, SZ): «Nichteintreten bedeutet nicht, dass der Bundesrat nicht handeln kann.» Ein souveräner Staat lasse sich nicht epressen.

10.40 Uhr: Karin Keller-Sutter (FDP, SG) hat auch als Ständerätin noch eine Affinität zum Fussball. Sie fühle sich wie eine Fussballspielerin, die aufs Feld geschickt werde, um nach geheimen Regeln einen Match auszutragen (das würden wir gerne sehen). Sie wird nicht auf das Gesetz eintreten.

10.30 Uhr: Germann vertritt die Haltung der SVP: Eine Datenlieferung der Banken an die USA müsse nicht per Gesetz geregelt, sondern könne vom Bundesrat auch so bewilligt werden. Er wird das Gesetz ablehnen.

10:20 Uhr: Das wird knapp mit einem Entscheid bis um 12.30 Uhr (danach gehts auf die Fraktionsausflüge). Die Hälfte der Zeit ist vorbei und Ständeratspräsident Filippo Lombardi hat immer noch 16 Redner auf seiner Liste. Als nächstes ist Hannes Germann (SVP, TG) an der Reihe.

10.10 Uhr: Anita Fetz (SP, BS) wird, anders als SP-Präsident Christian Levrat, auf das Gesetz eintreten. Sie habe dazu einen «gewaltigen Sprung» über ihren Schatten machen müssen. «Ich bin wütend, dass ausgerechnet eine Bank aus meinem Kanton betroffen ist. Eine Bank notabene, die im Besitz des Kantons ist und mit einer Staatsgarantie ausgestattet ist.» Eine Ablehnung des Deals ist für Fetz keine Option: «Das wäre ein Albtraum für meinen Kanton.» Fetz kann nicht verstehen, warum die FDP den Deal nicht unterstützt – die Freisinnigen hätten ja auch mitgeholfen, 2008 die UBS zu retten. «Wo ist der Unterschied zu heute?»

10.00 Uhr: Christian Levrat (SP, FR) wird nicht auf die Vorlage eintreten. Er wisse zu wenig, um das Gesetz richtig beurteilen zu können.

09.40 Uhr: Pankraz Freitag (FDP, GL) fasst sich etwas kürzer: «Es wollen ja auch noch andere etwas sagen.» Der Handlungsbedarf sei unklar, die konkrete Wirkung des Deals ebenso, das Risiko, die Glaubwürdigkeit des Parlaments zu beschädigen, gross. «Mein Entscheid ist klar: nicht eintreten.»

09.30 Uhr: Uff. Nach einer halben Stunde und dem erneuten Anfruf an die Parlamentarier «an das Land!» zu denken, ist Bischof fertig. Worauf Fritz Reimann, SRF-Bundeshausredaktor und Moderator der Live-Übertragung, etwas böse festhält, dass es im Ständerat halt keine Redezeitbeschränkung gebe. Mit ein Grund, warum das Fernsehen so selten eine Debatte aus dem Ständerat überträgt.


09.00 Uhr: Als Vertreter der Minderheit, die das Gesetz annehmen möchte, spricht der Ständerat Pirmin Bischof. Der Solothurner hat schon mehrfach bewiesen, dass er einen gesunden Hang zum Pathos hat: «Jeder hier drin muss persönlich entscheiden, was er für richtig hält. Für sich selber, für seinen Kanton. Für sein Land!» Auch er sei nicht zufrieden mit der Vorlage und der Art und Weise, wie sie vom Parlament behandelt werden muss. Aber: «Es ist einfach so.» Zustimmen könne er aus vier Gründen:

  • Die Banken können mit diesem Gesetz ihre Probleme selber lösen.
  • Bei einem Ja zum Gesetz müsse der Bundesrat nicht auf Notrecht zurückgreifen.
  • Die Kommission habe die Vorlage entscheidend verbessert.
  • Und für Bischof am Wichtigsten: Die Konsequenzen einer Zustimmung seien besser abzuschätzen und weniger risikoreich als die Konsequenzen eines Ablehnung. «Wir kaufen bei einem Ja ein Stück Ruhe.»

08.15 Uhr: Im Ständerat hat kurz nach 8 Uhr die Eintretensdebatte begonnen. Konrad Graber, Präsident der Wirtschaftskommission erläutert die Arbeit und die Entscheidungen seiner Kommission. Diese hatte die Vorlage am Montagabend bis tief in die Nacht behandelt und sie knapp abgelehnt. Die Signale der Banken seien eindeutig gewesen, sagt Graber: «Die Banken wollen dieses Gesetz.» Auch die Finanzdirektoren würden geschlossen hinter der «Lex USA» stehen. Gleichzeitig habe Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), jeglichen Spekulationen eine Absage erteilt, die SNB könne bei einem Nein zum Vertrag für die angegriffenen Banken einspringen.

Die bisherige Berichterstattung der TagesWoche zur «Lex USA»

Nach Monsterdebatte: Ständeratskommission sagt Nein zum Bankendeal – Die entscheidende Sitzung der WAK SR.

Kommissionen sollen mehr Informationen erhalten – Die erste Sitzung der WAK SR.

Die Ohnmacht der Wehrlosen – Warum es keine Rolle spielt, was das Parlament entscheidet.

Der Nationalrat will zuerst mehr Informationen zum Steuerdeal – Der erfolgreiche Ordnungsantrag von Susanne Leutenegger Oberholzer.

Die Doppelrolle der Bankräte im Steuerdeal – Bankrat Sebastian Frehner (SVP) ist noch unentschieden, Bankrat Markus Lehmann (CVP) will Ja sagen.

Die Freude der Banker, die Wut der Politiker – Am Mittwoch vor Sessionsstart informierte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf die Öffentlichkeit über die «Lex USA». Die Reaktionen waren vernichtend.

Sollte der Ständerat auf das Geschäft eintreten, stehen verschiedene Anträge zur Debatte. Die wichtigsten:

  • Der endgültige Entscheid über die Datenlieferung soll beim Bundesrat und nicht bei den Banken liegen.
  • Bankmitarbeiter sollen noch besser vor Strafverfolgung geschützt werden.
  • Gleichzeitig soll die Finma eine Untersuchung über das fehlbare Verhalten der betroffenen Banken anordnen.

Die Entscheidungen der Fraktionen am Dienstag

Am Abend vor der Behandlung des Geschäfts im Ständerat waren die Fronten weiterhin nicht eindeutig. Ihre Position geklärt hat vor allem die FDP: Sie hat beschlossen, nicht auf das Gesetz einzutreten, das den Banken die Möglichkeit geben soll, den Steuerstreit mit den USA zu beenden.

Es sei ein «eindeutiger, grossmehrheitlicher Entschluss» gewesen, sagte Fraktionschefin Gabi Huber (UR) vor den Medien. Die FDP bleibe bei ihrer Forderung, dass der Bundesrat in der Verantwortung stehe und eine Lösung auf Basis von Artikel 271 des Strafgesetzbuches («Verbotene Handlungen für einen fremden Staat») und ohne Notrecht herbeiführen solle.

Ganz anders die CVP/EVP-Fraktion. Sie hat in einer gemeinsamen Sitzung mit der BDP-Fraktion einstimmig beschlossen, auf die Vorlage einzutreten. Für die Schlussabstimmung haben die Parteien keinen Beschluss gefasst, wie Fraktionspräsident Urs Schwaller (CVP/FR) sagte. Er geht aber davon aus, dass eine grosse Mehrheit das Gesetz annehmen wird.

Schwaller hält nichts von der Einschätzung der FDP, wonach der Bundesrat über das Gesetz entscheiden soll. Zudem haben die Parlamentarier in seinen Augen nach den Auskünften und Kommissionssitzungen der letzten Tage genügend Informationen, um über die Vorlage abzustimmen: «Wer jetzt nicht entscheiden will, der will Verantwortung abdelegieren oder kann sich nicht aus seiner vielleicht etwas zu früh verkündeten Position lösen.»

Leutenegger Oberholzer «schockiert»

Dieser Vorwurf geht nicht zuletzt an die Adresse der SP. Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) hatte schon vergangene Woche mit ihrem Antrag dafür gesorgt, dass der Nationalrat das Geschäft so lange aussetzt, bis der Inhalt des Programms bekannt ist.

Fraktionschef Andy Tschümperlin (SZ) gab den Medien im Bundeshaus am Dienstag nun zu Protokoll, er könne nicht sagen, wie die SP-Vertreter am Mittwoch abstimmen werden. Die Fraktion hatte aber schon vor Wochenfrist mit 29 zu 1 Stimme bei 6 Enthaltungen entschieden, die Vorlage als solches abzulehnen.

Auch das Dokument mit den Eckwerten, welches die Fraktionen nach ihren Sitzungen erhalten haben, und das auch der Nachrichtenagentur sda vorliegt, rüttelt nichts mehr daran: Leutenegger Oberholzer zeigte sich «schockiert» über die spärlichen zusätzlichen Informationen: «Meines Erachtens ist das Gesetz so nicht entscheidungsreif.»

Ausgang ungewiss

Auch die SVP bekräftigte in einer Mitteilung ihre Haltung: Sie will nicht auf die Vorlage eintreten beziehungsweise das Gesetz ablehnen, sollte Eintreten beschlossen werden. GLP und Grüne sprechen sich wie BDP, CVP und EVP für das Gesetz aus.

Wegen der Dringlichkeit braucht das Steuerstreit-Gesetz am Mittwoch im Ständerat ein qualifiziertes Mehr von 24 Stimmen. Die Stellungnahmen der Parteien lassen wenig Rückschluss auf den Ausgang zu, denn mit der Fraktionsdisziplin dürfte es nicht weit her sein.

Der Nationalrat behandelt das Steuerstreit-Gesetz am Dienstag nächster Woche. Allerdings hat er durch die Annahme des Ordnungsantrags von Leutenegger Oberholzer entschieden, das Geschäft so lange auszusetzen, bis der Inhalt des Programms bekannt ist.

 

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