Der FC Barcelona steht mit dem Rücken zur Wand. Nach dem 0:1 auswärts gegen Chelsea muss er heute im Rückspiel im Camp Nou mit zwei Toren Differenz siegen, um in den Final vorzustossen.
Die Vorgabe ist heikel. Die spanischen Dauersieger stehen unter Druck. 13 Titel hat Pep Guardiola als Trainer des FC Barcelona seit 2008 gewonnen. In Meisterschaft und Champions League holte er fünf von sechs möglichen Titeln. Nach zwei Niederlagen innerhalb von drei Tagen gegen Chelsea im Hinspiel der Champions League und gegen Real Madrid in der Primera Division könnte die Jagd nach Trophäen indes abrupt stoppen. Der Gewinn der Meisterschaft ist so gut wie unmöglich, und in der Champions League droht wie vor zwei Jahren das Ausscheiden in den Halbfinals. Erstmals seit Guardiolas Amtsantritt riskiert der Klub, keinen der wichtigsten beiden Titel zu gewinnen.
Entsprechend nervös ist das (mediale) Umfeld. Guardiola musste nach dem 1:2 gegen Real bissige Fragen beantworten. Ihm wurde vorgeworfen, Cesc Fabregas, Alexis Sanchez und Pedro nicht von Beginn weg eingesetzt zu haben. „Jedem Entscheid von mir liegt eine Überlegung zugrunde. Vielleicht habe ich mich aber tatsächlich geirrt“, gab Guardiola zu.
Kritik hatte er schon drei Tage zuvor nach dem Spiel gegen Chelsea einstecken müssen. Viele Beobachter schrieben von einem enttäuschenden Barcelona, das nicht fähig gewesen sei, die „Menschenmauer“ der Engländer zu überwinden. Das Team von Guardiola habe keine zweite Option, wenn die spielerischen Mittel mal nicht zum Erfolg führen würden, wurde moniert. Gegen diesen Vorwurf wehrte sich Guardiola. „Unsere Leistung war nicht enttäuschend. Dieses Wort kann man benützen, wenn ein Team sich dem Spiel verweigert. Wir aber haben in London 24 Mal auf das Tor von Chelsea geschossen.“
Dennoch: Sowohl gegen Chelsea als auch gegen Real fand Barcelona kaum ein Rezept, einen defensiv hervorragend organisierten Gegner auszuspielen. Diese schwierigste Aufgabe im Fussball war auch für das beste Team nicht zu lösen. Einfacher wird es auch im Rückspiel nicht. Chelseas Trainer Roberto Di Matteo wird von seiner Réduit-Taktik im Camp Nou und mit dem 1:0-Vorsprung im Rücken erst recht nicht abweichen. Die Parallelen zum Duell mit Inter Mailand vor zwei Jahren sind unverkennbar. Auch damals war Barcelona auswärts das bessere Team, ging aber mit einem Handicap (1:3) ins Rückspiel – und schaffte es gegen einen sich verschanzenden Gegner nicht, den Spiess umzudrehen.
„Gegen Chelsea wird es anders“, versuchte Mittelfeldspieler Andres Iniesta die Fans nach den letzten zwei Niederlagen zu beruhigen, und Xavi verwies darauf, dass es Barcelona noch immer geschafft habe, „auf Niederlagen die richtige Antwort zu finden“. Doch der Denker in Barcelonas Spiel irrt. Die Situation ist für Barcelona nicht alltäglich. Seit Guardiola Trainer ist, musste sein Team in den K.o.-Duellen der Champions League erst zweimal einen Rückstand aus dem Hinspiel wettmachen. Die Erfolgsquote bei der Aufholjagd liegt bei 50 Prozent.
Gegen Chelsea kommt eine weitere wenig ermutigende Statistik hinzu. Zuletzt holten die Engländer in Barcelona dreimal ein Unentschieden. Ein Zufall ist das nicht. Chelsea vertraut seit den Zeiten von José Mourinho einem System, das auf Organisation, Defensive und Kraft basiert. Wenn man diese Taktik perfekt umsetzt, steht selbst der FC Barcelona vor einem grossen Rätsel.
Die möglichen Aufstellungen.
FC Barcelona: Valdes; Dani Alves, Mascherano, Pique, Puyol; Xavi, Busquets, Iniesta; Messi, Sanchez, Fabregas.
Chelsea: Cech; Ivanovic, Cahill, Terry, Ashley Cole; Mikel; Mata, Lampard, Meireles, Ramires; Drogba.