Ein Einbürgerungsgesuch soll nur stellen dürfen, wer mindestens zehn Jahre in der Schweiz gelebt hat. Darauf haben sich National- und Ständerat geeinigt. Die kleine Kammer hat am Donnerstag nachgegeben und ist auf die härtere Linie des Nationalrats eingeschwenkt.
Nach dem Konzept des Bundesrates sollte künftig nicht mehr im Vordergrund stehen, wie lange jemand in der Schweiz gelebt hat, sondern wie gut jemand integriert ist. Dennoch gehört die Mindestaufenthaltsdauer im Parlament zu den umstrittensten Fragen bei der Revision des Bürgerrechtsgesetzes.
Heute sind die Hürden im internationalen Vergleich hoch. Ein Einbürgerungsgesuch darf nur stellen, wer mindestens zwölf Jahre in der Schweiz gelebt hat. Neu soll die Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) eine zwingende Voraussetzung sein. Im Gegenzug zu dieser Verschärfung hätte der Bundesrat die Mindestaufenthaltsdauer auf acht Jahre senken wollen.
Knappe Mehrheit für zehn Jahre
Nun haben die Räte der neuen Hürde zugestimmt, nicht aber der Senkung der Mindestaufenthaltsdauer auf acht Jahre. Die Möglichkeit, schon nach acht Jahren ein Einbürgerungsgesuch zu stellen, war als Anreiz für eine rasche Integration gedacht.
Der Ständerat war bisher damit einverstanden gewesen, der Nationalrat dagegen pochte auf zehn Jahre. Am Donnerstag hat der Ständerat nun nachgegeben und sich mit 22 zu 20 Stimmen bei einer Enthaltung für zehn Jahre ausgesprochen. Justizministerin Simonetta Sommaruga rief den Rat vergeblich dazu auf, bei acht Jahren zu bleiben und nicht den «Kerngehalt» der Vorlage aufs Spiel zu setzen.
Mit dem Referendum gedroht
Sie wisse, dass das Gesetz absturzgefährdet sei, sagte Sommaruga. Sie höre von allen Seiten Referendumsdrohungen und sei dankbar, wenn sich die Räte um Lösungen bemühten. Sie bitte aber um sinnvolle Lösungen und nicht um Einigungen um der Einigung willen. Zehn Jahre sei kein Kompromiss, der geplante Anreiz falle damit weg. Wer frühzeitig eine Niederlassungsbewilligung erhalten wolle, müsse erfolgreich integriert sein. Wer diese Voraussetzungen erfülle, sollte dann aber auch früher ein Einbürgerungsgesuch stellen können.
Mit dem Referendum gedroht hatte in den vergangenen Tagen vor allem die SVP. Ihre Fraktion liess verlauten, sie empfehle der Parteileitung das Referendum zu ergreifen, sollten die Räte am Ende beschliessen, dass Ausländerinnen und Ausländer bereits nach acht Jahren Aufenthalt in der Schweiz ein Einbürgerungsgesuch stellen können.
Einigung bei kantonalen Voraussetzungen
Geeinigt haben sich die Räte auch bei den kantonalen Regeln, die heute von Ort zu Ort stark variieren. Künftig sollen die kantonalen Gesetze eine Mindestaufenthaltsdauer von zwei bis fünf Jahren vorsehen müssen. Der Ständerat hat auch in diesem Punkt nachgegeben und sich dem Nationalrat angeschlossen. Nach dem Willen des Bundesrates hätten die Kantone höchstens drei Jahre verlangen dürfen.
Bereits vergangene Woche geeinigt hatten sich die Räte bei den sprachlichen Voraussetzungen: Einbürgerungswillige sollen sich im Alltag in Wort und Schrift in einer Landessprache verständigen können. Der Nationalrat stimmte in diesem Punkt einem Kompromissvorschlag des Ständerates zu.
Trotzdem Einigungskonferenz nötig
Trotz der Einigung in diesen zentralen Punkten geht die Vorlage nun an die Einigungskonferenz, weil auch nach der dritten Runde der Beratungen Differenzen zwischen den Räten verblieben sind. Die Einigungskonferenz wird nun zu den noch offenen Punkten einen Vorschlag ausarbeiten, der dann beiden Räten vorgelegt wird. Lehnt ein Rat den Vorschlag ab, ist das Gesetz gescheitert. Eine weitere Hürde stellen die Schlussabstimmungen dar.
Uneinig sind sich die Räte noch bei den Voraussetzungen für Jugendliche. Heute werden die Jahre, die eine Person zwischen dem zehnten und dem zwanzigsten Lebensjahr in der Schweiz verbracht hat, bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer doppelt gezählt. Der Ständerat möchte dabei bleiben. Der Nationalrat will jene Jahre doppelt zählen, die der Jugendliche zwischen dem fünften und dem fünfzehnten Lebensjahr in der Schweiz verbracht hat.
Umstrittene vorläufige Aufnahme
Umstritten ist ferner, ob die Jahre der vorläufigen Aufnahme weiterhin zur Aufenthaltsdauer zählen sollen oder nicht, wenn die Betroffenen später ein Einbürgerungsgesuch stellen möchten. Der Ständerat will die Jahre wie der Bundesrat anrechnen, der Nationalrat stellt sich dagegen.
Vorläufig aufgenommen werden Personen, die nicht in ihr Land zurückgeschickt werden können – beispielsweise deshalb, weil dort Krieg herrscht. Der Status der vorläufigen Aufnahme gibt immer wieder Anlass zu Kritik. Der Bundesrat sei bereit, den Status zu überprüfen, sagte Sommaruga. Es gehe aber nicht an, ihn im Bürgerrechtsgesetz neu zu definieren.