Bei Demonstrationen nach dem Freitagsgebet ist es in Ägypten wieder zu gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Anhängern und Gegnern der Islamisten-Regierung des gestürzten Präsidenten Mursi gekommen. Allerdings waren deutlich weniger Menschen auf der Strasse als noch vor einer Woche. In Tanta im Nil-Delta.
15 Islamisten seien bei den Unruhen in der Stadt Tanta festgenommen worden, teilten Sicherheitskreise mit. Angaben über Verletzte lagen nicht vor. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die verfeindeten Lager zu trennen.
In einigen Städten trieb die Polizei protestierende Muslimbrüder mit Tränengas und Warnschüssen auseinander. Vor dem Justizpalast in Kairo hielten junge Angehörige von Revolutionsgruppen Plakate mit der Aufschrift «Nieder mit Husni Mubarak» hoch. Sie protestierten damit gegen die Entlassung des früheren Präsidenten aus dem Gefängnis.
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen attackierten Anwohner im Kairoer Stadtteil Schubra mit Steinen und Stöcken einen Protestmarsch, der von der Muslimbruderschaft organisiert worden war.
In der südlichen Provinz Assiut forderten einige Imame die Einwohner auf, die Übergangsregierung zu unterstützen; andere warfen Armee und Polizei vor, sie hätten «gegen die Legitimität geputscht».
«Freitag der Märtyrer»
An den Protesten der Islamisten beteiligten sich einige Tausend Menschen, deutlich weniger als noch vor einer Woche. Sie standen diesmal unter dem Motto «Freitag der Märtyrer» und richteten sich gegen Polizeigewalt und die Entmachtung von Präsident Mohammed Mursi durch die Armee Anfang Juli.
Mubarak war am Donnerstag aus dem Gefängnis entlassen und in ein Militärspital gebracht worden. Dort steht er jetzt unter Arrest. Eine Gruppe von Anhängern, die sich über seine Freilassung freut, schickte am Freitag 35 Blumensträusse in sein Krankenzimmer.
Auch Protest gegen Mubarak-Freilassung
Nur einige Dutzend Menschen protestierten vor dem zentralen Justizgebäude in Kairo gegen die Haftverschonung für den früheren Langzeitmachthaber Mubarak. Eine ursprünglich geplante grössere Kundgebung der Jugendbewegung 6. April war mit der Begründung abgesagt worden, man wolle nicht gleichzeitig mit den Mursi-Unterstützern demonstrieren.
Der frühere Präsident Mubarak muss sich vor Gericht wegen der Tötung von mehr als 800 Demonstranten verantworten. Der Prozess wird an diesem Sonntag fortgesetzt. Am gleichen Tag beginnt ausserdem der Prozess gegen das Oberhaupt der Muslimbrüder, Mohammed Badije, dem unter anderem Aufstachelung zur Gewalt vorgeworfen wird.
Die Kairoer Tageszeitung «Al-Masri al-Joum» berichtete am Freitag, Mubaraks noch inhaftierte Söhne Alaa und Gamal hätten dem Vater am Donnerstag zu seiner Haftentlassung gratuliert. Mubarak habe daraufhin gesagt, seine Freude werde erst nach einem Freispruch komplett sein. Der Ex-Präsident habe gesundheitlich einen guten Eindruck gemacht und sich ohne Rollstuhl fortbewegt.
Hatz auf führende Muslimbrüder dauert an
Die neue ägyptische Führung steckt trotz internationaler Kritik immer mehr Mitglieder der Muslimbruderschaft ins Gefängnis. In der Nacht wurden in der Oase Fajum südlich von Kairo vier örtliche Führungskader der Islamisten-Organisation festgenommen, wie die Website «Al-Shorouk» berichtete.
In der südlichen Stadt Luxor versucht derweil ein Bündnis verschiedener Parteien zwischen der Staatsmacht und den Muslimbrüdern zu vermitteln.
Nach Angaben des Volkskomitees zur Unterstützung nationaler Anliegen sollen einige Muslimbrüder zugesichert haben, sich aus der Politik zurückzuziehen. Im Gegenzug werde man versuchen, die Sicherheitskräfte dazu zu bringen, die Islamisten in Ruhe zu lassen.