Deutsche-Bank-Chefs sollen gemeinsam gegen Kirch gehandelt haben

Auftakt in einem der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse seit Jahren: Der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und vier Ex-Manager des Geldhauses stehen seit Dienstag in München vor Gericht. Sie sollen versucht haben, Richter im Kirch-Verfahren zu täuschen.

Auf der Anklagebank: Fitschen (l.) und Ackermann (Bild: sda)

Auftakt in einem der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse seit Jahren: Der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und vier Ex-Manager des Geldhauses stehen seit Dienstag in München vor Gericht. Sie sollen versucht haben, Richter im Kirch-Verfahren zu täuschen.

Fitschen, war nach Auffassung der Staatsanwaltschaft dabei aber keine treibende Kraft. Er habe im Gegensatz zu den anderen Angeklagten nicht aktiv falsch ausgesagt. Allerdings habe Fitschen von falschen Angaben seiner Kollegen gewusst und nichts dagegen unternommen, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Die Behörde wirft dem 66-Jährigen, seinen Vorgängern Josef Ackermann und Rolf Breuer sowie Ex-Verwaltungsratspräsident Clemens Börsig und Ex-Personalchef Tessen von Heydebreck versuchten Prozessbetrug in einem besonders schweren Fall vor. Die Angeklagten hatten die Vorwürfe vor Prozessbeginn zurückgewiesen.

Komplott gegen Medienmogul Kirch

Alle fünf sollen sich für ihre Aussagen in einem Zivilprozess vor dem Oberlandesgericht München vor vier Jahren auf eine Version der Geschehnisse in der Zeit vor der Pleite der Kirch-Gruppe im Jahr 2002 geeinigt haben, um damit Schadenersatzforderungen der Erben des Medienunternehmers Leo Kirch abzuwenden.

Fitschen habe selbst nach einer Razzia in den Räumen der Deutschen Bank die Aussagen seiner Kollegen nicht richtiggestellt, erklärte die Staatsanwaltschaft. Damit wirkte er aus Sicht der Anklage an dem zuvor vereinbarten Tatplan mit.

In der 627 Seiten umfassenden Anklageschrift ist von einem Plan die Rede, den die Top-Banker mit Hilfe der Rechtsabteilung der Deutschen Bank und Prozessanwälten verfolgt haben sollen.

«Der Plan der Angeschuldigten war, durch eine wahrheitswidrige Darstellung der tatsächlichen Geschehnisse in den Jahren 2001 und 2002 das Oberlandesgericht München zu täuschen und so dazu zu veranlassen, die im Raume stehenden Ansprüche schon dem Grunde nach zurückzuweisen.»

Weil ihnen das aber nicht gelungen sei und die Deutsche Bank letztlich doch zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt wurde, geht die Anklage von versuchtem Prozessbetrug aus.

Kirch sah Breuer als Ursache des Zusammenbruchs

Leo Kirch hatte bis zu seinem Tod 2011 stets den früheren Bank-Chef Breuer und die Deutsche Bank für die Pleite seines Konzerns verantwortlich gemacht. Breuer habe ihn mit einer öffentlichen Äusserung über die mangelnde Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe «erschossen».

Kirch war überzeugt davon, dass die Bank ihn unter Druck gesetzt habe, um später durch einen Beratungsauftrag an der Sanierung seines Konzerns zu verdienen – er wollte dafür Schadenersatz.

In dem Prozess vor dem Oberlandesgericht 2012 hatte Breuer versichert, die Bank habe keine Pläne für ein Beratungsmandat Kirchs gehabt. Als der Richter diese Darstellung anzweifelte, sollen ihm die anderen Manager laut Anklage zur Seite gesprungen sein, um das Gericht mit übereinstimmenden Zeugenaussagen zu beeindrucken.

Die Aussagen sollen sorgfältig abgesprochen gewesen sein. «In Einzelgesprächen mit den Angeschuldigten wurde allen mitgeteilt, worauf es bei den Aussagen vor dem Oberlandesgericht ankomme», heisst es in der Anklage.

Verteidigung weist Vorwürfe zurück

Die Verteidiger wiesen die Vorwürfe zurück und kritisierten die Staatsanwaltschaft. «Es gab weder einen Komplott der Angeklagten, noch die Strategie zum Prozessbetrug», sagte der Anwalt des Schweizer Ex-Bankchef Josef Ackermann, Eberhard Kempf.

Kempf erklärte zum Abschluss des ersten Verhandlungstages, die Staatsanwaltschaft habe sich eine «Story» zusammengereimt, die sich zwar wie ein Wirtschaftskrimi anhöre, sich aber in Widersprüche verstricke und substanzlos sei. Dies werde der Prozess auch zeigen.

«Herr Ackermann und die anderen Angeklagten werden freizusprechen sein.» Fitschens Verteidiger Hanns Feigen warf der Staatsanwaltschaft vor, handschriftliche Dokumente, die die Angeklagten entlasteten, monatelang zurückgehalten zu haben. Die Anklage werde in sich zusammenfallen.

Bis zu zehn Jahre Gefängnis

Für den Prozess sind zunächst 16 Termine bis einschliesslich 22. September angesetzt, meist wird dienstags verhandelt. Die amtierenden und ehemaligen Top-Manager müssen als Angeklagte in dem Strafprozess jeweils persönlich erscheinen. Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.

Wegen der Höhe der ursprünglich von den Kirch-Erben geforderten Summe von 2 Milliarden Euro geht die Anklage von versuchtem Prozessbetrug in einem besonders schweren Fall aus. Für den Vorwurf käme im Falle einer Verurteilung ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren in Betracht.

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