100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs oder der «Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts» hat Deutschland am Sonntag der Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft gedacht. Der sogenannte Volkstrauertag wurde auch in Zürich auf dem Friedhof Sihlfeld begangen.
Dort legte der deutsche Botschafter am Mahnmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Deutschen «aus Zürich und Umgebung» einen Kranz nieder. Das Denkmal war 1929 von in der Schweiz lebenden Angehörigen errichtet worden.
Trauer sei wichtig, doch Trauer allein bringe noch keine Versöhnung, mahnte der Historiker Georg Kreis im Anschluss an die Kranzniederlegung in einer kurzen Rede. «Wer seine Geschichte nicht kennt, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen», zitierte er den ehemaligen deutschen Präsidenten Richard von Weizsäcker (1984-1994). Um eine Wiederholung zu vermeiden, müsse man die Geschichte kennen und aus ihr lernen.
Kreis würdigte in diesem Zusammenhang die Versöhnungsarbeit der ehemaligen Kriegsfeinde in Europa. Dann spannte er den Bogen zu den aktuellen Konflikten, etwa in der Ukraine oder im Nahen Osten. Im Unterschied zu vor 100 Jahren existierten heute wichtige friedensfördernde Kooperationen zwischen den Staaten – OSZE, G20, ASEAN. «Wir sind nicht wieder bei 1914 angelangt», gab er sich überzeugt.
Gedenkfeier in Berlin
In Berlin legten der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen an der zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik am Boulevard Unter den Linden Kränze nieder. An der Zeremonie nahmen auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier als amtierender Bundesratspräsident und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth teil.
Bereits am Morgen hatten Vertreter der Bundeswehr und der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, Kränze auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weissensee niedergelegt.
Der Volkstrauertag wurde nach Ende des Ersten Weltkriegs eingeführt. Heute erinnert der staatliche Gedenktag an die Toten beider Weltkriege, die Opfer des Nationalsozialismus und der Gewaltherrschaft aller Nationen. Er dient auch der Mahnung zu Versöhnung und Frieden.
Der israelische Diplomat und Publizist Avi Primor bescheinigte den Deutschen eine vorbildliche Rolle bei der Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte. Deutschland sei mit der Zeit in Sachen Erinnerung und Gewissensforschung weltweit ganz vorbildlich geworden, sagte Primor am Sonntag im Bundestag bei der zentralen Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag. «Mit so einem Deutschland trauere ich gern zusammen.»