Abgeordnete des deutschen Bundestags sind in der Türkei eingetroffen, um nach einem viermonatigem Besuchsverbot die deutschen Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik zu treffen. Vorher standen politische Gespräche in der Hauptstadt Ankara auf dem Programm.
Nach den Gesprächen mit Vertretern des türkischen Verteidigungsausschusses zeigte sich die Delegation versöhnlich. «Wir sind Verbündete, wir sind Partner und wir sind Freunde und so war die Atmosphäre heute», sagte Delegationsleiter Karl Lamers am Dienstagabend in der türkischen Hauptstadt.
Es sei selbstverständlich, dass deutsche Abgeordnete die Soldaten im Einsatz besuchten und er habe nach den Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass dieser Besuch keine einmalige Sache sei, «sondern dass auch in diesem Punkt wieder Routine und Normalität einkehren kann.»
Der deutschen Delegation gehören sieben Mitglieder des Verteidigungsausschusses aus allen Fraktionen an. Nach den politischen Gesprächen in Ankara geht es am Mittwoch mit einem Militärflugzeug weiter nach Incirlik. Auf dem Luftwaffenstützpunkt treffen die Abgeordneten nach einem viermonatigen Besuchsverbot die dort stationierten deutschen Soldaten.
Diese unterstützen mit «Tornado»-Aufklärungsflugzeugen und einem Tankflugzeug die Bombardements von Stellungen der Terrororganisation Islamischer Staat in Syrien und im Irak.
«Freundschaftliche Atmosphäre»
Der Bundestag habe durchaus das Recht, sich zu Vorgängen vor 100 Jahren zu äussern, betonte der CDU-Politiker Lamers mit Blick auf die von der Türkei scharf kritisierte Armenier-Resolution. Die Gespräche seien jedoch in «sehr freundschaftlicher Atmosphäre» verlaufen und beide Seiten hätten ein Interesse an einer Fortsetzung des Dialogs. Dazu habe man die Mitglieder des türkischen Verteidigungsausschusses nach Berlin eingeladen.
Die türkische Regierung hatte einen Besuch von deutschen Abgeordneten wegen der Armenier-Resolution monatelang untersagt. Im Juni hatte der Bundestag die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als Völkermord verurteilt.
Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs wehrt sich massiv gegen diese Einstufung. Die türkische Regierung hob das Besuchsverbot für die Abgeordneten erst auf, als die Bundesregierung die Resolution für rechtlich nicht bindend erklärte.
Putschversuch verurteilt
Den Putschversuch vom 15. Juli in der Türkei verurteile er «aufs Schärfste», sagte Lamers. Durch den Besuch sei deutlich geworden, dass die Türken sich eine stärkere Anteilnahme gewünscht hätten. Mit Blick auf die Aufarbeitung des Putschversuchs fügte er hinzu: «Wir sind überzeugt, dass dies nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geschieht.»
Delegationsmitglied Alexander Neu von der Partei Die Linke sah das anders. «Ich hatte den Eindruck, dass die deutsche Seite zu defensiv war in ihrer Kritik», sagte er. Es könne nicht sein, dass ein politischer Partner «mit Samthandschuhen» angefasst werde, wenn dieser Partner «Grundwerte mit Füssen» trete.
Die Türkei macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich und hat einen Ausnahmezustand verhängt. Per Notstandsdekret gehen die Behörden gegen mutmassliche Gülen-Anhänger vor, aber auch gegen mutmassliche Unterstützer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK sowie Oppositionelle. Am Dienstag wurden drei weitere regierungskritische Medien geschlossen.
Agnieszka Brugger, Delegationsmitglied und sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, sagte, man habe auch über Pressefreiheit, Demokratie und Menschenrechte gesprochen und werde dies weiter thematisieren. Gerade bei unterschiedlichen Meinungen müsse man mehr Dialog einfordern und nicht weniger.