Deutschland nimmt Fahrt auf: Die Wirtschaft im wichtigsten Handelspartner der Schweiz ist im ersten Quartal trotz der weltweiten Konjunkturschwäche so schnell gewachsen wie seit zwei Jahren nicht mehr.
Kauflustige Verbraucher, höhere Staatsausgaben und steigende Investitionen liessen das Bruttoinlandprodukt (BIP) von Januar bis März um 0,7 Prozent zum Vorquartal klettern. Das gab das Statistische Bundesamt am Freitag bekannt. Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 0,6 Prozent gerechnet, nachdem es in den beiden Vorquartalen jeweils 0,3 Prozent waren.
«Plus 0,7 Prozent zum Vorquartal – das war etwas mehr als ich auf Grundlage der monatlichen Indikatoren erwartet hatte», urteilte Ökonom Holger Sandte von der Bank Nordea. Womöglich hätten die Statistiker den Schalttag nicht ganz herausrechnen können. Ganz so kräftig werde das Wachstum nicht bleiben, aber hoch genug, damit die Beschäftigung weiter steige.
Flüchtlinge treiben Wirtschaft an
Impulse kamen in erster Linie aus dem Inland. «Die privaten Haushalte und der Staat erhöhten ihre Konsumausgaben zum Jahresbeginn», erklärten die Statistiker. Wegen der Rekordbeschäftigung, steigender Löhne und niedriger Inflation sitzt das Geld bei den Konsumenten locker, während der Staat mehr für Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge ausgibt.
Auch die Investitionen hätten zugelegt, hiess es. «Bedingt durch die erneut milde Witterung wurde sowohl in Bauten als auch in Ausrüstungen deutlich mehr investiert.» Die saisonüblichen Arbeitsausfälle blieben wegen des milden Winters weitgehend aus.
Doch: Im zweiten Quartal dürfte die Wirtschaft allein schon deshalb weniger stark wachsen, weil die Bauinvestitionen wegen der witterungsbedingt vorgezogenen Baubeginne dann schwächer ausfallen dürfte, sagte Ökonom Jörg Krämer von der Commerzbank.
Exporte schwächeln
Der Aussenhandel bremste dagegen, weil die Importe stärker stiegen als die Exporte. Letztere leiden unter der schwächelnden Nachfrage aus grossen Schwellenländern wie China und Russland.
«Das ist ein sehr guter Start in das Jahr 2016», bilanzierte Ökonomin Ulrike Kastens von Sal. Oppenheim. Wie immer sei es die Binnennachfrage, die das Wachstum trage. So werde es auch in den kommenden Monaten bleiben. Der Konsum werde weiter laufen.
Der Aussenhandel bleibe indes ein gewisses Sorgenkind wegen der Schwäche in den Schwellenländern, stellte Kastens fest. Insgesamt werde die Dynamik des ersten Quartals nicht anhalten, aber die Aussichten deuteten weiterhin auf ein solides Wachstum in Deutschland hin.
Für das Gesamtjahr rechnet die Bundesregierung mit einem Wachstum von 1,7 Prozent. Das wäre genauso viel wie 2015. Im kommenden Jahr sollen es dann 1,5 Prozent sein.