Deutscher Bundespräsident Gauck empört über Spionageaffäre

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat sich besorgt über den Spionagefall beim Bundesnachrichtendienst (BND) gezeigt. Er warnte vor einer Belastung der deutsch-amerikanischen Beziehungen.

Empört über Spionageaffäre: Bundespräsident Joachim Gauck (Archiv) (Bild: sda)

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat sich besorgt über den Spionagefall beim Bundesnachrichtendienst (BND) gezeigt. Er warnte vor einer Belastung der deutsch-amerikanischen Beziehungen.

Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass ein BND-Mitarbeiter für einen US-Geheimdienst spioniert hat, «dann ist das wirklich ein Spiel auch mit Freundschaft, mit enger Verbundenheit», sagte Gauck im ZDF-Sommerinterview. «Dann ist ja nun wirklich zu sagen: Jetzt reicht’s auch einmal.»

Die Affäre um den US-Spion beim Bundesnachrichtendienst scheint allerdings nicht ganz so weite Kreise zu ziehen wie zunächst befürchtet. Der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags ist nach Angaben seines Vorsitzenden Patrick Sensburg entgegen ersten Berichten doch nicht ausspioniert worden.

Zudem war der Spion laut BND nur eine Hilfskraft in der Abteilung «Einsatzgebiete Ausland» und kein Agent des Auslandsgeheimdienstes. «Es ist nach der ersten Bewertung nicht etwas, was der GAU (grösste anzunehmende Unfall) wäre», hiess es in ranghohen BND-Kreisen.

«Keine besonders sensiblen Daten»

Die Bundesanwaltschaft hatte bereits am Mittwoch einen 31-jährigen BND-Mitarbeiter festnehmen lassen. Er hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur über einen Zeitraum von zwei Jahren 218 Dokumente an US-Geheimdienste weitergeleitet und dafür 25’000 Euro kassiert. Die Dokumente enthielten laut BND keine besonders sensiblen Informationen. Der BND geht davon aus, dass der Spion aus finanziellem Interesse und Geltungsdrang gehandelt hat.

Die beim Bundesamt für Verfassungsschutz angesiedelte Spionageabwehr kam dem Maulwurf Ende Mai auf die Spur, nachdem er dem russischen Geheimdienst seine Dienste in einer E-Mail an das russische Generalkonsulat in München angeboten hatte.

Als Beleg für seinen Wert schickte der Mann drei als geheim eingestufte BND-Dokumente mit, von denen zwei den NSA-Untersuchungsausschuss betrafen. Diese E-Mail wurde vom Verfassungsschutz abgefangen.

US-Hilfe gesucht

Um den Maulwurf zu überführen soll sich die deutsche Seite sogar an US-Behörden gewandt haben. Sie wollte so herausfinden, ob die Google-Mail-Adresse, von der aus das russische Generalkonsulat angeschrieben worden war, dort möglicherweise bekannt ist, berichten der «Spiegel» und die «Welt am Sonntag». Laut «Spiegel» reagierte die US-Seite aber nicht.

Die «Bild am Sonntag» berichtete unter Berufung auf Informationen aus den Sicherheitsbehörden, noch vor wenigen Tagen, am 1. Juli, habe der BND-Mann geheime Dokumente zum NSA-Ausschuss an die Amerikaner geliefert. Die deutschen Dienste seien sich sicher, dass die CIA in die Angelegenheit involviert sei. Der mutmassliche Doppelagent habe angegeben, einmal pro Woche geheime Dokumente an die USA geschickt zu haben.

Die US-Behörden hätten den BND-Mitarbeiter offenbar genau gesteuert, hiess es in dem Bericht weiter. Sein letzter Auftrag habe darin bestanden, Informationen aus dem NSA-Ausschuss zu besorgen. Von den insgesamt 218 gelieferten Dokumenten hätten die letzten beiden Sendungen den Ausschuss betroffen. Dabei handelte es sich dem Bericht zufolge um interne Zusammenstellungen des BND für den Ausschuss.

Der Fall scheint auch in der US-Regierung für Beunruhigung zu sorgen. Die «New York Times» zitierte einen Regierungsvertreter mit der Einschätzung, die Berichte über eine mindestens zweijährige Spionagetätigkeit des BND-Mitarbeiters drohten alle Reparaturarbeiten im deutsch-amerikanischen Verhältnis wieder zu zerstören.

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