Der junge Waldrapp Shorty, der sich auf dem Weg in den warmen Süden in der Schweiz verirrt hat und seit knapp drei Monaten gesucht wird, soll am Sonntag in Risch ZG eingefangen werden. Ein Experte aus Deutschland soll Shortys Irrflug mit einem Schussnetz beenden.
Johannes Fritz, Leiter des europäischen Waldrappteams mit Sitz in Österreich, bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur sda einen Bericht der „Neuen Luzerner Zeitung“ vom Samstag. Das Bundesamt für Umwelt habe am Freitagnachmittag die Einfangbewilligung für den Waldrapp Shorty erteilt.
Da frühere Versuche scheiterten, den Waldrapp mit Futter anzulocken, soll nun ein deutscher Vogelfänger mit entsprechender Ausrüstung das Tier retten. Aus rund zehn Metern Entfernung wird er ein Netz über den Vogel schleudern. Dies sei keine Gefährdung für das Tier, sagte Fritz. Shorty hält sich derzeit im Grossraum Risch im Kanton Zug auf, wo er verschiedentlich gesichtet und auch fotografiert wurde.
Der junge Waldrapp war auf dem Weg vom Brutgebiet im bayrischen Burghausen ins Wintergebiet in der Toskana, wo er aber nie ankam. Zwar folgte er einem Artgenossen bis nach Collombey-Muraz VD. Dort aber verlor er den Anschluss und blieb alleine in dieser Region zurück.
Leerer Akku am GPS
Vergebens versuchte man, den Vogel im Wallis einzufangen: Shorty war bereits wieder auf den Rückweg in den kalten Norden. Er wurde am 17. und 18. Dezember 2012 in Rossau bei Mettmenstetten ZH gesichtet. Der Vogel trägt zwar einen Positionsmelder am Rücken, der Akku ist in Zwischenzeit aber leer.
Zuerst im Knonaueramt, später dann in der Region Zug, fand der verwirrte Waldrapp offenbar noch ausreichend Futter. Er stocherte im Boden, um Käfer, Insekten, Spinnen und Larven zu finden. Trotz Schnee und Kälte sei er bislang erstaunlich gut über die Runden gekommen, sagte Martin Wehrle, Tierarzt des Natur- und Tierparks Goldau auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Gelingt es dem Experten am Sonntag, den Vogel zu fangen, dann soll Shorty nach einem kurzen Aufenthalt im Tierpark Goldau via Österreich in die Toskana zu seiner Gruppe gebracht werden – damit er doch noch dem natürlichen Zugverhalten nachgehen kann. Laut Fritz liegt die Chance, dass der Vogel gefangen wird, bei 50 Prozent.
Fritz sagte aber auch, dass der morgige Fangversuch voraussichtlich der letzte sein werde. Verläuft dieser nicht erfolgreich, wird Shorty wohl seinem Schicksal überlassen. Überlebe er den Winter in der Schweiz, würde dieser wahrscheinlich im Frühling wieder nach Bayern zurück fliegen. „Dort müssten wir ihn dann abfangen“, sagte Fritz.
Seltener Vogel
Der Waldrapp ist ein Ibis und hat mit seinem roten, kahlen Kopf, seinem langen gebogenen Schnabel und seinen langen Nackenfedern ein markantes Aussehen. Shorty zu finden und zu fangen ist wichtig, weil der Waldrapp eine sehr gefährdete Zugvogelart ist.