Der Streit um das neue Anleihekaufprogramm der EZB flammt wieder auf. Das deutsche Bundesverfassungsgericht lässt die EZB-Anleihekäufe vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) prüfen. Gemäss der Karlsruher Richter verstossen sie möglicherweise gegen EU-Recht.
«Der OMT-Beschluss dürfte nicht vom Mandat der Europäischen Zentralbank gedeckt sein», schreibt das Gericht. Es ist das erste Mal in der Geschichte des deutschen Bundesverfassungsgerichts, dass die Richter dem EuGH eine Rechtsfrage zur Prüfung vorlegen.
Im Sommer 2012 hatte EZB-Präsident Mario Draghi angekündigt, man wolle klammen Ländern kräftig unter die Arme greifen, wenn sich diese am Kapitalmarkt nur noch zu sehr hohen Zinsen finanzieren können. Dazu hat die EZB das Programm «Outright Monetary Transactions» (OMT) an den Start gebracht.
Es sieht vor, dass die EZB notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Ländern aufkauft. Das Programm ist bislang nirgends umgesetzt worden, galt aber als die entscheidende Beruhigungspille in der Euro-Schuldenkrise.
Die EZB hatte bereits von Mai 2010 bis Anfang 2012 für mehr als 220 Mrd. Euro Anleihen der Krisenstaaten Griechenland, Portugal, Irland, Spanien sowie auch Italien gekauft. Dieses SMP-Programm ist inzwischen längst eingestellt. Allerdings schlummern immer noch Anleihen dieser Länder in der Bilanz der EZB.
Ohnehin kann die EZB nicht aus eigener Initiative tätig werden. Sie müsste auf einen entsprechenden Hilfsantrag eines Landes warten, das dann zudem im Rahmen eines Hilfsprogramms unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen und dafür strenge Spar- und Reformauflagen erfüllen muss.
Ankündigung stabilisierte die Märkte
Allein die Zusage, via OMT den Euro notfalls mit unbegrenzten Mitteln zu stützen, hatte seit Sommer 2012 für die entscheidende Stabilisierung der Finanzmärkte gesorgt. So konnte das einstige Krisenland Irland mittlerweile den Rettungsschirm verlassen. Für andere Länder wie Spanien haben sich die zuvor extrem hohen Anleihenzinsen deutlich normalisiert.
Nach Auffassung der Karlsruher Richter «sprechen gewichtige Gründe dafür, dass er (der OMT-Beschluss) über das Mandat der Europäischen Zentralbank für die Währungspolitik hinausgeht und damit in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten übergreift sowie gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung verstösst».
Die EZB sei nicht zu einer eigenständigen Wirtschaftspolitik ermächtigt. «Geht man – vorbehaltlich der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union – davon aus, dass der OMT-Beschluss als eigenständige und wirtschaftspolitische Massnahme zu qualifizieren ist, so verstösst er offensichtlich gegen diese Kompetenzverteilung.»
Die Europäische Zentralbank (EZB) nimmt die Bewertung ihres umstrittenen Anleihenkaufprogramms OMT durch das Bundesverfassungsgericht gelassen zur Kenntnis: «Die EZB unterstreicht erneut, dass das OMT-Programm im Rahmen ihres Mandats ist», teilte die Notenbank am Freitag in Frankfurt mit.