Bei den ungeliebten Test-Länderspielen nach der Saison wagt Deutschland ein Experiment. Die Deutschen treten in Kopenhagen ohne Vorbereitung zu einem Länderspiel an. Jogi Löw sucht neue Kräfte.
«Das wird ein Kaltstart», sagt der Bundestrainer. Nach elf Jahren erlebt Joachim Löw heute Abend (20.45 Uhr) in Kopenhagen ein persönliches Novum. Praktisch ohne Vorbereitung tritt der Fussball-Weltmeister im Bröndby-Stadion von Kopenhagen gegen Dänemark an. Für die neu zusammengestellte deutsche Nationalmannschaft ohne die grossen Stars, dafür mit sieben Spielern ohne Länderspielerfahrung ist es die erste Standortbestimmung für den Confederations Cup vom 17. Juni bis 2. Juli in Russland.
Selbst der Bundestrainer weiss nicht, was von dem Spiel zu erwarten ist. «Das Spiel wird für uns eine Überraschung sein», erklärte der 57-Jährige. Fakt ist aber: Die junge Mannschaft mit einem Altersschnitt von 24 Jahren brennt auf die Bewährung. Das wurde beim einzigen Training vor dem Spiel am Pfingstmontag deutlich. Es deutete sich aber auch an, dass es spielerisch noch Fehler geben wird, die Abstimmung teilweise fehlt. Es bleibt ein Experiment.
Den Spielern aber gefällts. «Für mich ist es schön, so ein Turnier zu spielen», meint Shkodran Mustafi von Arsenal. «Ich war schon bei der WM 2014 dabei, auch bei der EM zwei Jahre später. Ich finde solche Turniere unheimlich geil.» Mustafi spricht auch für seine teils viel weniger erfahrenen Mitspieler: «Wir sind in einer komplett neuen Konstellation, es ist daher wichtig, als Team zu wachsen.» Mustafi gilt neben Julian Draxler als Favorit für das Captain-Amt in Abwesenheit von Manuel Neuer.
In Kopenhagen könnten sieben Spieler zum Debüt in der Nationalmannschaft kommen, weil Löw auf etablierte Weltmeister wie Manuel Neuer, Toni Kroos, Mesut Özil, Jérôme Boateng und Mats Hummels bewusst verzichtet. Die Stars sollen im Urlaub Kraft tanken für die WM-Saison mit der Endrunde in einem Jahr in Russland. Löw will aber nicht nur mit Abstinenz den Hunger der Weltmeister auf die Titelverteidigung steigern, sondern auch neue Spieler als Konkurrenz heranziehen. «Ich denke, es wird sich herauskristallisieren, wer während des Confed Cups auf dem Platz und darüber hinaus Führungsaufgaben übernimmt. Das ist eine spannende Geschichte», erklärte Löw.
Dänemark feiert mit dem Länderspiel gegen Deutschland den 25. Jahrestag des EM-Grosserfolges von 1992. Sie rückten damals für das verbannte Jugoslawien in die Endrunde in Schweden nach, stürmten in den Final und besiegten den damaligen Weltmeister Deutschland mit 2:0. Löw: «Es war damals eine wunderschöne Geschichte für Dänemark. Ob alles so passiert ist, wie berichtet wird, dass die Spieler von den unterschiedlichen Stränden der Welt weggeholt wurden, um zu spielen, weiss ich nicht. Aber es war eine Sensation!»