Deutschland fahndet öffentlich nach tunesischem Tatverdächtigen

Zwei Tage nach dem Terroranschlag von Berlin ist ein tunesischer Tatverdächtiger öffentlich zur Fahndung ausgeschrieben worden. Für Hinweise auf den Mann, der den Ermittlungsbehörden bereits vor dem Anschlag bekannt gewesen war, werden bis zu 100’000 Euro geboten.

Berlin trauert - hier mit Kerzen auf dem Breitscheidplatz im alten Westberliner Zentrum. (Bild: sda)

Zwei Tage nach dem Terroranschlag von Berlin ist ein tunesischer Tatverdächtiger öffentlich zur Fahndung ausgeschrieben worden. Für Hinweise auf den Mann, der den Ermittlungsbehörden bereits vor dem Anschlag bekannt gewesen war, werden bis zu 100’000 Euro geboten.

Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Berliner Polizei stürmte einem Bericht der «Welt» zufolge am Mittwochabend zwei Wohnungen, fand aber den gesuchten Tunesier nicht.

Die deutsche Bundesanwaltschaft hatte zuvor die Öffentlichkeit um Mithilfe bei der Fahndung nach einem 24-jährigen tunesischen Verdächtigen namens Anis Amri gebeten. Dies war der Name, der auf einem Ausweisdokument im Fahrerhaus des Lastwagens gefunden worden war, mit dem am Montag der Anschlag verübt wurde. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen hatte der Tatverdächtige mehrere Identitäten genutzt.

Der Generalbundesanwalt mahnte in einer Mitteilung zur Vorsicht: «Bringen Sie sich selbst nicht in Gefahr, denn die Person könnte gewalttätig und bewaffnet sein!». Auch in Tunesien wurde ermittelt. Tunesische Anti-Terror-Ermittler befragten dort die Familie des Gesuchten.

Nach dortigen Medienangaben war Amri in Tunesien mehrmals wegen Drogendelikten festgenommen worden. Er sei 2011 von Tunesien nach Italien gelangt, hiess es. Dort sei er mehrere Jahre im Gefängnis gewesen, weil er eine Schule in Brand gesetzt hatte. Danach sei Amri nach Deutschland weitergereist.

Der neue Tatverdächtige ist ein den deutschen Ermittlern bekanntes Gesicht. Gegen den Mann war bereits wegen Terrorverdachts ermittelt worden, wie der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger am Mittwoch mitteilte. Der Tunesier habe Kontakte zu salafistischen Kreisen unterhalten und sei als «Gefährder» eingestuft worden, also als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung.

Ermittlungen wegen Terrorverdachts

In Berlin, wo der Mann in den vergangenen Monaten seinen Lebensmittelpunkt hatte, sei ermittelt worden wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Die Sicherheitsbehörden hätten ihre Erkenntnisse über ihn im gemeinsamen Terrorabwehrzentrum ausgetauscht, zuletzt im November 2016, sagte Jäger. Eine Tatbeteiligung am Berliner Anschlag sei aber nicht geklärt.

Auf der Suche nach dem Verdächtigen wurden dem Berliner Sender RBB zufolge am Mittwoch sämtliche Spitäler in Berlin und Brandenburg abgesucht. Die Polizei gehe davon aus, dass der Täter bei einem Kampf im Fahrerhaus des Camions mit dem polnischen Chauffeur verletzt worden sei. Der Pole wurde getötet.

Der Täter war am Montagabend mit dem gekaperten Lastwagen in eine Budengasse des Weihnachtsmarktes an der Gedächtniskirche gerast. Bei dem Anschlag wurden insgesamt zwölf Personen getötet und ebensoviele schwerst verletzt.

Den Anschlag hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich reklamiert. Allerdings konnte die Echtheit der Botschaft nicht unabhängig bestätigt werden.

Weihnachtsmärkte wieder offen

In Berlin öffneten die mehr als 60 Weihnachtsmärkte am Mittwoch wieder, die am Tag zuvor mit Rücksicht auf die Opfer und Angehörigen des Anschlags geschlossen geblieben waren. Auch der Markt an der Gedächtniskirche wollte am Donnerstag wieder öffnen. Die Polizei kündigte verstärkte Schutzmassnahmen an.

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