Die deutsche Bundesregierung hat wegen der Krise in der Ukraine ein Rüstungsgeschäft von Rheinmetall mit Russland in dreistelliger Millionenhöhe endgültig gestoppt. Moskau droht nun mit einer Schadensersatzklage.
Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte am Montag auf die Frage, ob er mit der Entscheidung nicht hohe Schadensersatzforderungen riskiere: «Ich riskiere vor allen Dingen durch die Auslieferung eines Gefechtszentrums nach Russland, dass die militärischen Auseinandersetzungen grösser werden. (…) Es geht nicht um Geld, sondern um Menschenleben dort.»
Gabriel widerrief nach eigenen Angaben in Abstimmung mit dem Kanzleramt eine von der schwarz-gelben Vorgängerregierung erteilte Genehmigung für den von Bau des Gefechtsübungszentrums östlich von Moskau. Die «Süddeutsche Zeitung» hatte zuerst darüber berichtet. Gabriel sagte, dies sei seiner Kenntnis nach ein Einzelfall, derzeit stünden keine anderen Lieferstopps an.
In dem modernen Übungszentrum mit Kapazität für rund 30’000 Panzer- und Infanteriesoldaten pro Jahr sollten Kämpfe mit Lasertechnik simuliert werden, was Geld und Material spart. Rheinmetall gilt als eines der weltweit führenden Unternehmen für die Technik und betreibt ein ähnliches Zentrum schon seit 2001 für die Bundeswehr.
Ob der Düsseldorfer Konzern Rheinmetall für das geplatzte Geschäft im Gesamtumfang von 123 Millionen Euro Schadensersatzforderungen stellen wird, war zunächst offen.
Moskau spricht von Vertragsbruch
Russland sprach von Vertragsbruch und drohte mit einer Schadenersatzklage. Das russische Verteidigungsministerium werde vor Gericht ziehen, sagte ein Mitarbeiter der Behörde der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Die gestoppte Lieferung hätte etwa zehn Prozent des Zentrums ausgemacht, sagte er. Die russische Rüstungsbranche sei in der Lage, die fehlenden Teile zu ersetzen.
Vizeverteidigungsminister Juri Borissow betonte, die Absage werde den bereits für September geplanten Start des Zentrums in Mulino etwa 350 Kilometer östlich von Moskau nicht verzögern.
Eine Sprecherin Gabriels sagte, der überwiegende Teil der Anlage sei noch nicht nach Russland ausgeliefert worden. Die Anlage sei damit nicht funktionsfähig. Gabriel hatte das Rheinmetall-Geschäft bereits im März als Reaktion auf die Krim-Krise vorläufig gestoppt.
Hintergrund für den nun erteilten Widerruf sind die von der EU verhängten Sanktionen gegen Russland. Deutschland geht damit über die Sanktionen hinaus. Denn die Strafmassnahmen der Europäischen Union, die unter anderem ein Moratorium für Rüstungsgeschäfte vorsehen und seit Ende voriger Woche in Kraft sind, schliessen keine bereits vereinbarten Geschäfte ein.