Mit einer deutschlandweiten Razzia sind Fahnder am Dienstag gegen mutmassliche deutsche Steuerbetrüger vorgegangen. Auslöser war der Kauf einer neuen Steuerdaten-CD – diesmal durch das deutsche Bundesland Rheinland-Pfalz.
«Wir erwarten aus den vorliegenden Informationen ein steuerliches Aufkommen in Höhe von rund 500 Millionen Euro bundesweit», sagte der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl. Die Zahl belege die hohe kriminelle Energie, mit der auch in diesem Fall wieder Steuerbetrüger Kapitalerträge hinterzogen hätten.
«Steuergerechtigkeit ist in einem modernen Rechts- und Sozialstaat unverzichtbar. Deswegen müssen wir konsequent gegen Steuerbetrug vorgehen», unterstrich der SPD-Minister. «Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt.»
Die CD mit rund 40’000 Datensätzen hat den Angaben zufolge vier Millionen Euro gekostet. Die Daten sind laut Kühl authentisch und von ausgezeichneter Qualität. Die Identität des Verkäufers wollte das Ministerium nicht preisgeben.
Credit Suisse betroffen
Nach Informationen von «Spiegel Online» soll die bereits im vergangen Jahr angebotene CD Informationen über mehr als 10’000 Bankkunden mehrerer Kreditinstitute in der Schweiz enthalten. Die Zahl der betroffenen Bankkunden bestätigte das Ministerium nicht.
Der Datenträger sei den rheinland-pfälzischen Finanzbehörden angeboten worden, sagte ein Ministeriumssprecher in Mainz. Daraufhin seien die Angaben auf der CD intensiv geprüft worden.
Wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung hat die Koblenzer Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Mitarbeiter zweier Schweizer Banken eingeleitet. Dabei handle es sich um die Credit Suisse und deren Tochter, die Neue Aargauer Bank, wie die Behörde am Dienstag in Koblenz mitteilte. Wie viele Mitarbeiter betroffen sind, war unklar. Zudem gebe es 201 Ermittlungsverfahren gegen deutsche Kapitalanleger.
Für Berlin ist CD-Kauf «vertretbar»
Das deutsche Finanzministerium, dem nach eigenen Angaben der Datenerwerb durch Rheinland-Pfalz bekannt war, nannte die Entscheidung des Landes für einen Ankauf «im vorliegenden Fall» vertretbar. Es bleibe die dringende Notwendigkeit, diese Problematik einvernehmlich mit der Schweiz und der EU-Kommission zu lösen. Das Finanzministerium nutze daher Gesprächsmöglichkeiten mit der Schweiz.
«Die Situation hinsichtlich der Durchsetzung der deutschen Steueransprüche in der Schweiz ist unverändert und weiterhin unbefriedigend», hiess es im Finanzministerium.
Dies hätte das am SPD-Widerstand im Bundesrat (Länderkammer) gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz gewährleistet. «Das Abkommen hätte eine gleichmässige und flächendeckende Durchsetzung dieser Ansprüche sowohl für die Vergangenheit als auch die Zukunft gewährleistet», hiess es dazu in Berlin.
Situation «unbefriedigend»
Die jetzige Situation bei der Durchsetzung deutschen Steueransprüche in der Schweiz sei nun erst einmal weiterhin unbefriedigend. Die SPD- und Grünen-geführten Länder hatten das Abkommen mit der Schweiz abgelehnt, da nach ihrer Auffassung Steuerbetrüger dabei zu gut wegkämen und von einer angemessenen Strafe verschont blieben.
Vor der Ablehnung des Steuerabkommens zwischen der Schweiz und Deutschland im vergangenen Dezember hatten mehrere Bundesländer mit dem Kauf von Steuerdaten-CDs Schlagzeilen gemacht. Zahlreiche deutsche Steuersünder zeigten sich daraufhin selber an.