Die Schweizerischen Nationalbank (SNB) hat für die Verteidigung des Euro-Mindestkurses im Juni erneut tief in die Tasche greifen müssen. Die Devisenreserven der Nationalbank sind erneut markant angestiegen.
Bis Ende Juni sind die Devisenbestände im Vergleich zu Ende Mai um rund 59 Mrd. Fr. auf 365 Mrd. Fr. geklettert, wie aus den von der SNB an den Internationalen Währungsfonds (IWF) übermittelten Zahlen vom Freitag hervor geht. Das ist ein neuer Rekord.
Aus den Zahlen lässt sich nicht genau ablesen, wie viele Devisen die SNB zur Durchsetzung des Wechselkursziels von mindestens 1,20 Franken pro Euro kaufen musste. Der Anstieg des Devisenbestandes um 19 Prozent ist aber zum grössten Teil auf solche Devisenkäufe zurückzuführen, wie ein SNB-Sprecher der Finanznachrichtenagentur AWP sagte.
60 bis 70 Mrd. Fr. für Euro-Käufe
Experten schätzen, dass die Nationalbank zwischen 60 Mrd. und 70 Mrd. Fr. für die Verteidigung des Euro-Mindestkurses eingesetzt haben dürfte. Denn im Monat Juni hätten sich Dollar und Yen gegenüber dem Franken abgeschwächt.
Das heisse, dass ohne Interventionen der SNB die Devisenreserven der Nationalbank gesunken wären, sagte UBS-Währungsspezialist Thomas Flury im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda.
Bereits im Mai waren die Reserven um rund 66 Mrd. Fr. angestiegen. Schätzungen zufolge entfielen damals rund 60 Mrd. Franken auf Devisenkäufe. Der Rest ergab sich aus Bewertungsveränderungen.
Druck bleibt hoch
„Es ist davon auszugehen, dass Aufwertungsdruck auf den Franken hoch bleibt“, sagte Credit-Suisse-Ökonom Björn Eberhardt. Denn die Wirtschaft in der Euro-Zone sei angeschlagen, die Unsicherheit weiterhin hoch. „Solange dies der Fall ist, bleibt der Franken eine attraktive Fluchtwährung für Anleger aus dem Ausland“, sagte Eberhardt.
Zudem hatte die Europäische Zentralbank (EZB) wegen der Schuldenkrise und Konjunkturflaute am Vortag den Leitzins für die Währungsunion von 1,0 auf das Rekordtief von 0,75 Prozent gesenkt. Damit liegt der Leitzins erstmals seit der Einführung des Euro 1999 unter 1 Prozent.
Das nach dem EZB-Entscheid vom Donnerstag tiefere Zinsniveau macht Anlagen in der Euro-Zone noch unattraktiver, was Anleger vermehrt in den Franken treiben könnte, auch wenn in der Schweiz das Zinsniveau noch tiefer liegt. Der 3-Monate-Franken-Libor lag am Freitag bei 0,08 Prozent.