Aussenminister Didier Burkhalter hat gegenüber seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu die Bedeutung des Dialogs und der Bereitschaft, einander zuzuhören hervorgehoben. «Für die Schweiz sind die Beziehungen mit der Türkei heute wichtiger denn je.»
Das sagte Burkhalter am Donnerstag bei dem Empfang von Çavuşoğlu auf dem Landsitz Lohn bei Bern. In Zeiten der Unsicherheit sei es wichtig, einen engen politischen Dialog aufzubauen, insbesondere im Zusammenhang mit dem versuchten Staatsstreich im Sommer und der Lage im Südosten der Türkei.
Während des Gesprächs wurden die Standpunkte beider Seiten zu verschiedenen Themen angesprochen wie die mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe sowie die Dauer und die Verhältnismässigkeit des Ausnahmezustands, wie das Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mitteilte.
Ebenfalls Thema waren die Grundfreiheiten und namentlich die Meinungsäusserungsfreiheit, die Unabhängigkeit der Justiz und die Zusammenarbeit mit Institutionen wie dem Europarat.
Bundesrat Burkhalter sprach gegenüber seinem Amtskollegen sein tief empfundenes Beileid für die Opfer des Putschversuchs und der Anschläge aus.
Besorgnis wegen Verhaftungen und Entlassungen
Burkhalter äusserte aber auch seine Besorgnis über die zahlreichen Entlassungen und Verhaftungen nach dem Putschversuch. Weiter erinnerte er daran, dass die Verhängung des Ausnahmezustands die Türkei nicht von internationalen Verpflichtungen zur Einhaltung der Menschenrechte entbindet.
Der EDA-Vorsteher unterstrich zudem die Gültigkeit des nationalen Rechts und der Meinungsäusserungsfreiheit für türkische Staatsangehörige in der Schweiz.
Der türkische Aussenminister dankte der Schweiz für ihre «verständnisvolle» Haltung nach dem Putschversuch. Çavuşoğlu betonte zudem, in einer Demokratie könne die Meinung des Volkes nicht ignoriert werden. Das Parlament werde über eine mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe entscheiden. «Alle Themen können in der Türkei frei diskutiert werden», sagte er.
Humanitäre Leistung der Türkei gewürdigt
Beim Austausch über internationale Aspekte standen der Syrienkonflikt, die Lage im Irak, im Südkaukasus sowie die Entwicklung in Zypern im Vordergrund der Gespräche.
Bundesrat Burkhalter würdigte die enorme humanitäre Leistung der Türkei, die 2,7 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen hat. «Der Syrienkonflikt ist eine moralische Katastrophe unserer Zeit und Ausdruck eines fehlenden politischen Willens für eine friedliche Lösung», erklärte Burkhalter.
Die Schweiz sei entschlossen, ihre Aktivitäten im Rahmen der humanitären Hilfe und der Einhaltung des humanitären Völkerrechts fortzusetzen und zu intensivieren.