Die Durchsetzung eines Verbots von Wasserpfeifen in Gaststätten sorgt in Jordanien für dicke Luft. Das Rauchen der orientalischen Shisha ist hier ein tiefverwurzeltes Freizeitvergnügen. Die Raucher gehen auf die Palme, weil sie ihren traditionellen Lebensstil bedroht sehen.
Auch die Tabakindustrie, die rund 1,1 Milliarden Euro im Jahr umsetzt und etwa 12’000 Beschäftigte zählt, fürchtet Einbussen. Aber die Gesundheitspolitiker wollen diesmal hart bleiben.
Ein Gesetz zur Einschränkung des Tabakkonsums war schon 2008 verabschiedet, aber kaum durchgesetzt worden. Nun hat die Regierung beschlossen, die 5000 jährlich auslaufenden Shisha-Lizenzen der Restaurants und Cafés nicht mehr zu erneuern, sodass dort spätestens Ende 2014 Wasserpfeifen überall tabu sind.
«Tausende werden ihre Arbeitsplätze verlieren», prophezeit Emran Torscha, Besitzer des beliebten Kaffeehauses Dschafra im Zentrum der Hauptstadt Amman; zweitausend Gäste zählt er täglich, davon kommt die Hälfte zum Shisharauchen.
Seine Lizenz läuft in diesen Tagen aus. «Was sollen wir den Gästen sagen, die hier ihrem Alltagsstress entrinnen wollen», schimpft Torscha. Dutzende Männer und Frauen sitzen derweil im Dschafra auf Kissen, ziehen abwechselnd an der Wasserpfeife, nippen Tee und knabbern süsses Gebäck.
Kein Erfolg für Tourismusminister
Tourismusminister Nidal Katamin wollte noch vermitteln und drängte auf eine schrittweise Anwendung des Gesetzes, um die wirtschaftlichen Folgen zu berücksichtigen. Aber Gesundheitsminister Ali Hiasat ist entschlossen, die Shisha endgültig aus dem öffentlichen leben zu verbannen.
«Die Regierung wird nicht nachgeben», kündigt er an. Allerdings versuchen die Behörden schon seit 2010, ein Rauchverbot in Amtsstuben, Spitälern und Schulen durchzusetzen. Viele halten sich weiter nicht daran.
Dabei sieht das Gesetz empfindliche Strafen vor: Es drohen ein Monat Gefängnis oder 15 bis 25 Euro Bussgeld. Bei schweren Verstössen, wie Rauchen in Kindergärten, erhöht sich das Strafmass auf sechs Monate oder bis zu tausend Euro.
Doch die meisten Jordanier können sich kein Leben ohne Wasserpfeife vorstellen: «Was soll denn die Shisha ersetzen, wenn sie verboten wird? Wo sollen wir hingehen», empört sich Wassim Jussef, ein etwa 30-jähriger Stammkunde im Dschafra. «Das Pfeiferauchen ist Tradition und mein einziges Freizeitvergnügen.»
50 Prozent Raucher
Die Mediziner sind sich einig, dass der Shisha-Konsum schädlich ist. Über das Ausmass gehen die Meinungen allerdings auseinander. Ihre Sorge ist, dass der Zusatz von Fruchtaromen die Raucher vergessen lässt, dass sie auch nikotinhaltigen Tabak inhalieren. Und in Jordanien raucht etwa die Hälfte der sieben Millionen Einwohner, was die Gesundheitsbehörden stark beunruhigt.
«Jedes Jahr registrieren wir 5000 neue Krebserkrankungen; rund 40 Prozent gehen auf Tabakgenuss zurück», berichtet der Arzt Firas Hawwari vom Krebsforschungszentrum König Hussein. «Der Kampf gegen den Tabak hat für Jordanien hohe Priorität bekommen. Das Gesetz muss nun ohne Aufschub angewendet werden», fügt er hinzu.
Gleicher Meinung ist Faten Hanaja. Der Vorsitzende des Verbands «Tabakfreies Jordanien» unterstreicht, das Shisha-Verbot sei «nur die erste Etappe auf dem Weg zu einem generellen Rauchverbot an öffentlichen Orten».
«Ich kann diese Entscheidung nicht verstehen», kritisiert dagegen Amal Nasser, obwohl sie selbst Nichtraucherin ist. «Die Shisha ist doch die kleinste unserer Sorgen. Wir brauchen Bürgersteige, intakte Strassen, Grünanlagen und vieles mehr», schimpft die Frau in den Vierzigern und fragt: «Und wenn schon, warum fangen die dann nicht erst einmal damit an, das Rauchverbot in Regierungsbüros konsequent durchzusetzen?»