Die kleinen Schwestern der Bibliotheken, die Ludotheken, haben einen schweren Stand. Ihre Räume voller Spielsachen bringen Kinder zwar zum Träumen – sie bereiten aber den ehrenamtlichen Betreibern häufig Kopfzerbrechen. Um zu überleben, müssen viele umdenken.
Während professionell geführte Ludotheken rege besucht werden und sich in den letzten Jahren zunehmender Kundschaft erfreuten, müssen ehrenamtliche Ludotheken darben. Bei ihnen stagnieren die Besucherzahlen oder sinken sogar, wie Daniela Lannez vom Verband der Schweizer Ludotheken sagt.
Um zu überleben, brauchen die Institutionen möglichst regelmässige und ausgedehnte Öffnungszeiten. Weil die Mittel knapp sind, sind die meisten ehrenamtlich betriebenen Ludotheken nur an einzelnen Tagen pro Woche geöffnet. «Die Frage der Öffnungszeiten wird zur Überlebensfrage», sagt sie.
Platz für Unterhaltung
Eine Überlebenstaktik ist deshalb das Angebot von Animation und Spiel. Gewisse Ludotheken organisieren beispielsweise Spielabende für Klein und Gross. Das erlaubt ihnen auch, das Publikum zu durchmischen.
«Wir möchte aus unserer Institution einen Ort der Begegnung machen und nicht bloss einen Ort, wo man Spiele ausleiht», sagt etwa Pascale Hoffmeyer, Leiterin der Ludothek in Delsberg JU.
Für sie ist es der falsche Ansatz, ausschliesslich auf ein Kinder-Publikum zu setzen. «Heute spielen die Kinder weniger lange. Wenn sie etwa acht Jahre alt sind, beginnen sie sich von der Welt des Spielens abzuwenden und sich für die Welt des Konsums zu interessieren».
Mühe mit der Rekrutierung
Diesen Trend bestätigt eine Mitarbeiterin der Ludothek Schlieren ZH. Im Unterschied zu früher kämen die Kinder ab einem gewissen Alter – ab etwa sieben Jahren – nicht mehr. Wahrscheinlich, weil viele dann mit dem Computer beschäftigt seien, mutmasst sie.
«Sie haben recht, wir müssten uns wohl etwas einfallen lassen, um etwas zu ändern. Aber dazu fehlt uns ein bisschen die Energie.» Sie selbst arbeitet seit 25 Jahren in der dortigen Ludothek.
Das Konzept zu überdenken wäre eine Aufgabe für neue, jüngere Mitarbeiter. Diese sind jedoch schwierig zu finden, weil die Arbeit weitgehend ehrenamtlich ist. Zwar zahle die Stadt einen kleinen Beitrag, das sei aber bloss «spesendeckend», sagt die Mitarbeiterin. Viele Interessierte könnten ein solches Engagement nicht mit ihren regulären Arbeitszeiten in Einklang bringen.
Magische Kombination
Eine andere Idee, um die Attraktivität der Ludotheken zu steigern, ist die Öffnung des Angebots für Erwachsene. Für Daniela Lannez geht es darum, Spiele für jedes Lebensalter anzubieten. Dadurch können die Institutionen zum Generationen übergreifenden Treffpunkt werden.
Dies scheint der Ludothek im Breitenrain in Bern gelungen zu sein. «Unsere Zahlen gehen seit fünf Jahren rauf, rauf, rauf», schwärmt die Leiterin Katharina Aeschbacher. Zur ihrer Kundschaft gehören nebst den Kindern, die die Mehrheit ausmachen, auch Erwachsene. Etwa solche, die einen Spielabend organisieren und dafür «Monopoly» oder «Tabu» benutzen. Es kämen aber auch «ziemlich viele ältere Damen, die Puzzles ausleihen».
Das Erfolgsrezept der Berner Ludothek ist die Kombination mit einer Bibliothek. Eltern kämen mit den Kindern dorthin. Die Kinder könnten vor Ort spielen, während die Mutter oder der Vater in den Büchern schmökerten. Die Kombination wirke wie ein Magnet, so Aeschbacher.
Beim Spielen lernen
Die Kombination könnte den Ludotheken auch helfen, ihr Image etwas aufzupolieren. Denn sie hätten oft einen etwas schlechteren Ruf als die Bibliotheken, sagt auch Lannez. Weil Bücher lesen im Vergleich zum Spiele spielen als die «noblere» Beschäftigung gelte.
«Aber bevor die Kinder lesen lernen, lernen sie vieles beim Spielen. Das Spiel ist eine wichtige Grundlage für das spätere Lernen», ist Lannez überzeugt.