Die Erlenmatt – neues Leben auf alten Gleisen

Das Erlenmatt-Areal hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich und nimmt auch in der zukünftigen Stadtentwicklung eine aussergewöhnliche Rolle ein. Ein Rück- und Ausblick. Die Erlenmatt ist vielen jüngeren Leuten in der Nordwestschweiz noch heute nur als *nt-Areal ein Begriff. Clubs wie das Lokal oder Funambolo gehörten vom Ende der Nullerjahre bis vor kurzem zu den […]

Bis jetzt erstreckt sich die Baustelle erst über den westlichen Teil des Erlenmatt Areals.

Das Erlenmatt-Areal hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich und nimmt auch in der zukünftigen Stadtentwicklung eine aussergewöhnliche Rolle ein. Ein Rück- und Ausblick.

Die Erlenmatt ist vielen jüngeren Leuten in der Nordwestschweiz noch heute nur als *nt-Areal ein Begriff. Clubs wie das Lokal oder Funambolo gehörten vom Ende der Nullerjahre bis vor kurzem zu den beliebtesten der Stadt und auch der mittlerweile zum Restaurant Bahnkantine umgestaltete Erlkönig und der danebenliegende Wagenmeister lockten Nachtschwärmer an. in der wärmeren Jahreshälfte wurden die Freiluft-Bars Sonnendeck oder die Sommerresidenz von Massen an Nachtschwärmern geradezu überrannt. Von diesem ehemaligen Epizentrum des Basler Nachtlebens sind nicht mehr viele Akteure übrig geblieben. Zwischen dem provisorisch hergezogenen Bläsischulhaus und dem Restaurant Bahnkantine begegnet man der Sommerresidenz und dem Sonnendeck, welche beide in der wärmeren Jahreshälfte draussen die Leute bewirten und dies vorläufig auch so weiterführen werden.

Die der kulturellen Zwischennutzung vorhergehende Ära des Areals ist heute noch gut sichtbar: Die zahlreichen Überreste alter Gleise bezeugen die Zeit, als die Deutsche Bahn hier 100 Jahre lang ihren Güterbahnhof hatte.

Unsichere Zukunft


So einfach die Vergangenheit der Erlenmatt zu eruieren scheint, so unklar sah in den letzten paar Jahren ihre Zukunft aus. Nachdem im Süden im 2009 die erste Siedlung Erlentor und im 2011 der sorgfältig umgestaltete Spielplatz fertig gestellt wurden, häuften sich verschiedenste Gerüchte zu den unterschiedlichsten Plänen.

Anfangs war noch die Rede von einem überdimensionalen Einkaufszentrum eines holländischen Investors. Diese Pläne lösten sich aber gleichermassen in Luft auf wie eine Idee der lokalen SP, ein Sportareal zu kreieren. Dafür gibt es von nun Pläne einer Basler Firma für eine kleinere Version eines Ladenkomplexes.

Konkrete Pläne in Ost und West

Was definitiv gebaut wird, sind einerseits Altersresidenzen auf der Seite des Riehenrings und etwas weiter innen im Areal noch nicht genau beschriebene Wohnungen. Unübersehbar ist die riesige Baustelle, die dem ganzen Ort beinahe wieder ein gewissen Gefühl von heruntergekommenen Industrie-Chic gibt.

Da fällt auch der grosse Turm nicht auf, der mehr an eine Art Speicher erinnert als an einen Abgas-Kamin, wozu er eigentlich gedacht war. Das Konstrukt wurde nach dem Bau als doch nicht nötig befunden, wurde jedoch trotzdem nie abgerissen. Ein echtes Silo gibt es aber dennoch auf dem Gelände: Es ist zu sehen auf der anderen Seite, der Erlenmatt Ost, wo 22’000 m2 von der Stiftung Habitat betreut werden. 

Die Stiftung ist in ganz Basel tätig, hat aber vor allem für dieses Areal Grosses vor: Laut Raphael Schicker von der Stiftung Habitat werden möglichst kleinteilige Parzellen und ein öffentlich begehbarer, städtischer Aussenraum angestrebt. Die Stiftung will 9 Parzellen an unterschiedliche Baurechtsnehmer im Baurecht abgeben, um die Heterogenität des entstehenden Wohngebiets zu fördern. Dabei bleibt sie mittels vorgegebenen Konzepten trotzdem städtebaulich kongruent.

3 Parzellen, bzw. zwei Häuser und das schon erwähnte Silo bleiben unter ihrer Planung: Südlich des Silogebäudes visieren sie den Bau eines öffentlichen Hallenbades an, das kombiniert mit einem Studierendenwohnhaus, Möglichkeiten zur gastronomischen Nutzung und kulturellen Einrichtungen wie einem Kino oder Proberäumen eine wohnenswerte und in sich stimmige Welt bilden soll.

Diese soll irgendwann per öffentlichem Verkehr, beispielsweise einer neuen Buslinie, mit sowohl der Innenstadt als auch anderen Grossprojekten der Stadtentwicklung wie der Schorenstadt verbunden werden. Zu dieser ökologischen Planung und zum sehr dicht bebauten Charakter des hinteren Rosentalquartiers passt auch die Idee, nur sehr wenige Auto- (1 pro 10 Wohnungen), dafür viele Veloparkplätze (1 pro Zimmer) zu schaffen.



Symptomatischer Wandel?

Nach einer viel zu langen, für die lebendige Stadtentwicklung absolut kontraproduktiven Phase der Stagnation kumulieren sich nun langsam die konkreten Visionen für das Areal. Die Situation auf der Erlenmatt ist einzigartig und dementsprechend natürlich heikel zu handhaben. Gerade für die Stadt Basel, welche – auch als ganzer Kanton – über sehr beschränkte Ressourcen an Land verfügt, ist die Möglichkeit, ein ganzes Quartier neu entstehen zu lassen, ein Glücksfall.

Laut Raphael Schicker wird keine ruhige Agglo-Idylle, sondern ein Nebeneinander von unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsformen auf dem Erlenmatt Areal angestrebt. Soziale Durchmischung ist unverzichtbar für ein lebendiges, funktionierendes Quartier, und neuer, bezahlbarer Wohnraum ist unverzichtbar für die Stadt.

Obwohl die nun zu realisierenden Projekte grösstenteils gut durchdacht und eine Bereicherung für weite Teile der Bevölkerung des Kleinbasels sind, stellt sich gerade uns als Studenten, als junge Menschen die Frage, ob nicht gerade die etwas abseits gelegene und durch Bahnhof und Autobahn nicht gerade von Lärm verschonte Erlenmatte prädestiniert gewesen wäre, ungeliebte Lärmproduzenten wie Nachtklubs zu beherbergen, welche sonst einfach mehr in Richtung Innenstadt Probleme verursachen.

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