Nach den Festnahmen in der Nacht hat die Bundesanwaltschaft rund um die WM-Vergaben 2018 und 2022 ein Strafverfahren wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie des Verdachts der Geldwäscherei eröffnet. Ein Fifa-Sprecher nahm an einer Medienkonferenz Stellung.
Das Strafverfahren eröffnete die Bundesanwaltschaft bereits am 10. März, wie sie am Mittwoch mitteilte. Es bestehe der Verdacht, dass bei den Vergaben für die Fifa-Weltmeisterschaften 2018 in Russland und 2022 in Katar «Unregelmässigkeiten» begangenen worden seien. Entsprechende «unrechtmässige Bereicherungen» sollen zumindest teilweise in der Schweiz stattgefunden haben.
Bei der Fifa stellte die Bundesanwaltschaft am Mittwoch auf Computern gespeicherte Informationen und Dokumente sicher, wie es in der Mitteilung heisst. Bereits vorgängig sei bei verschiedenen Finanzinstituten in der Schweiz die Erhebung verschiedener Bankunterlagen angeordnet worden. Alle elektronischen Daten und Dokumente dienten sowohl dem Schweizer Strafverfahren als auch ausländischen Ermittlungen.
Lesen Sie auch das Interview mit dem Basler Korruptionsexperten Marc Pieth, dass die TagesWoche vor rund einem Jahr geführt hat. Pieth wurde 2011 von Sepp Blatter beauftragt, die Fifa auf Korruption zu untersuchen und entsprechende Reformen vorzuschlagen. Seine Vorschläge stiessen auf wenig Gegenliebe.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung. Zudem besteht der Verdacht auf Geldwäscherei über Bankverbindungen in der Schweiz. Im Anschluss an die Sicherstellung der Akten sollen 10 Personen einvernommen werden, die als Mitglieder des Executive Committee 2010 an der Wahl zur WM-Vergabe von 2018 und 2022 beteiligt waren. Diese Personen werden gemäss Mitteilung als Auskunftspersonen befragt.
Mit den USA koordinierte Aktion
Das Vorgehen der Bundesanwaltschaft war mit den ebenfalls ermittelnden US-Behörden koordiniert worden. Um allfällige strafrechtlich relevante Informationen wirksam und unter der Vermeidung von Kollusion zu beschaffen, habe man die Massnahmen anlässlich des Besuchs einer Grosszahl an mit den WM-Vergaben befassten Personen zeitgleich durchgeführt, heisst es.
Laut Bundesamt für Justiz (BJ) hatten die USA um die Verhaftungen ersucht. Das BJ liess deshalb die Verdächtigten festnehmen. Gegen die Fussballfunktionäre wird in New York wegen Annahme von Bestechungsgeldern und verdeckten Provisionen ermittelt. Angenommen haben sollen sie diese von den Neunzigerjahren bis heute.
Unter den Verhafteten befinden sich mit Eugenio Figueredo und Jeffery Webb unter anderem zwei der acht FIFA-Vizepräsidenten, wie das US-amerikanische Justizdepartement mitteilte. Diese hielten sich wie viele andere FIFA-Funktionäre in Zürich auf, um am Kongress des Weltfussballverbands teilzunehmen. An diesem soll am Freitag auch die Wahl des FIFA-Präsidenten stattfinden, wobei Sepp Blatter eine fünfte Amtszeit anstrebt.
Vertreter von Sportmedien und Sportvermarktungsunternehmen sollen gemass BJin Zahlungen an hochrangige Fussballfunktionäre – Delegierte des Weltfussballverbandes Fifa und andere Funktionäre von Fifa-Unterorganisationen – in Höhe von über 100 Millionen Dollar verwickelt gewesen sein.
Straftaten in den USA vorbereitet
Als Gegenleistung sollen sie an Fussballturnieren in den USA und in Lateinamerika Medien-, Vermarktungs- und Sponsoringrechte erhalten haben, wie das BJ schrieb. Die Straftaten seien in den USA vorbereitet und abgesprochen worden, schrieb das Bundesamt unter Berufung auf das Verhaftungsersuchen. Auch seien Zahlungen über US-Banken abgewickelt worden.
Die Verdächtigten werden möglicherweise unverzüglich an die USA ausgeliefert. Voraussetzung für eine sofortige Überstellung ist, dass sich die Festgenommenen in der am Mittwoch geplanten Anhörung bei der Zürcher Kantonspolizei mit der sofortigen Auslieferung einverstanden erklären. Tun sie das nicht, will das BJ die USA auffordern, ein formelles Auslieferungsgesuch zu stellen.
Präsidenten-Wahl soll nicht verschoben werden
Inzwischen hat sich auch die Fifa öffentlich zu den Vorfällen geäussert. «Niemand wusste, dass heute Morgen Festnahmen erfolgen würden», sagte Sprecher Walter de Gregorio.
Die Fifa sei von den Festnahmen genauso überrascht worden wie alle anderen. Ebenfalls betonte der Fifa-Sprecher, dass Präsident Sepp Blatter nicht in die aktuellen Ermittlungen involviert sei. Die Fifa selber sei es gewesen, die im vergangenen November die Untersuchungen angestossen habe.
Spekulationen, wonach die am Freitag geplante Wahl des Fifa-Präsidenten verschoben werden könnte, wies de Gregorio zurück: «Die Wahl findet wie geplant statt.»