Winterzeit ist Rialtozeit. Zumindest für alle, die in Basel regelmässig schwimmen gehen. Zum Glück ist nun bald die Wintersaison vorbei. Bevor die Gartenbäder aber öffnen, ein kurzer Blick zurück ins Hallenbecken.
«Kennen Sie Ben Hur?», fragte der Bademeister und zwinkerte mir zu, als ich im Herbst die Saisonkarte kaufte. Ich war dabei, mit einem Blick durch die Bademeisterkabine in die Rialto-Schwimmhalle schon mal zu sondieren, wie viele Schwimmer im Becken waren. Wir grinsten uns an.
Tagsüber ist es im Rialto-Becken normalerweise zwischen ziemlich voll und randvoll, leerer wird es erst kurz vor Schluss. Wie im wahren Leben konzentriert sich das wichtigste Geschehen meist auf die Autobahn – die Schwimmerbahn ganz links –, weil man dort am schnellsten unterwegs ist. Und wie im wahren Leben funktioniert das mit dem Abstand nie, denn dann müssten alle im Gleichschlag schwimmen.
Wie ein 2CV auf der Überholspur
Schwimmt jemand langsamer als die anderen, ist das wie ein 2CV auf der Überholspur. Die Folge sind Stau und schlechte Laune. Zudem gerät auch der sportlichste Rückenschwimmer recht schnell in Seenot, wenn auf der Gegenbahn jemand Delfin-Intervalle schwimmt. Wer sich in den vergangenen Monaten über Dichtestress Gedanken machte, hat vielleicht an der falschen Stelle nachgesehen.
Es soll, so die Legende, auch schon vorgekommen sein, dass sich zwei Schwimmer mit den Worten «Für uns beide ist auf dieser Bahn kein Platz» in die Schwimmbrillen gestarrt haben. Ob das zu einer tätlichen Auseinandersetzung geführt hat, ist nicht überliefert. Orthopäden, die davon ausgehen, dass Schwimmen ein schonender, ruhiger Ausgleichssport ist, sei an dieser Stelle eine Begehung des Rialtos im Winter angeraten.
Ich bin übrigens sehr stark dafür, Rialto-Bademeister mit einem Dienstalter von über zwei Jahren für das diplomatische Corps vorzuschlagen. Zum deeskalierenden Einsatz in Krisengebieten ist die Vorbildung bestens geeignet. Auch an einzelne fast bühnenreife Momente kann ich mich erinnern. Etwa an den Ausruf «Grösser machen kann ich das Becken nicht!», untermalt von verzweifelt hochgeworfenen Armen.
So sieht das auch die Stadt Basel. Pläne, in Basel eine öffentliche Schwimmhalle mit einem 50-Meter-Becken zu bauen, etwa im Joggeli oder bei der Kunsteisbahn St. Margarethen, scheiterten bisher regelmässig. Nicht einmal die vergleichsweise kostengünstige Überdachung des Gartenbads St. Jakob war bisher drin. Ein Neubau an der Kunsteisbahn Eglisee wird ausschliesslich für Vereine bestimmt sein.
Die restliche Öffentlichkeit schaut in die Röhre. Oder eben ins Becken. Zum Glück ist die sowohl empfundene wie tatsächliche Enge saisonal begrenzt. Im Sommer weicht ein Grossteil der Schwimmerschaft auf die Gartenbäder aus. Am 19. April öffnet das beheizte Sportbad St. Jakob, am 3. Mai die Gartenbäder Eglisee und Bachgraben.
Ab spätestens Oktober gibt es dann wieder «Ben Hur».