Die Wochenzeitung erfreut mit einer originellen Spezialausgabe: «Die 300 Reichsten – wollen nicht teilen» bilanziert die «WOZ» auf der goldenen Titelseite. Eine Ausgabe, die man haben muss.
Am Freitag, 30. November erscheint wie jedes Jahr die Sonderausgabe der «Bilanz» mit den 300 reichsten Einwohnern der Schweiz. Bereits heute leuchtet uns an den Kiosken ein goldenes Cover entgegen: Die Wochenzeitung (WOZ) parodiert den Bilanz-Auftritt, bringt eine originelle Spezialausgabe unter die Leute: «Die 300 Reichsten» steht in fetter Titelschrift geschrieben – «wollen nicht teilen!», wird in roter Farbe ergänzt.
Die «WOZ» begibt sich ins Reich der Reichen. Mit ganzem Körpereinsatz, so, wie wir das zuletzt im Kino gesehen haben. Doch während die Filmsatire «Image Problem» eine Entschuldigung der reichen Schweizer einfordern wollte, will die «WOZ» Bares: Eine Million von den Reichsten, das ist ihr Ziel. Briefe werden verschickt, Betteltelefonate geführt – und ein Reporter-Duo zieht an der Zürcher Goldküste von Tür zu Tür Tor zu Tor, um bei den Schmidheinys und Hirschmanns dieser Welt vorstellig zu werden. «Together» nennen die WOZ-Leute die Initiative, mit der sie jeweils eine Million Franken sammeln und eine Umverteilungsinitiative lancieren wollen. Wie die Bettelaktion ankommt, sei hier nicht verraten. Nur so viel: Bankier Konrad Hummler (Vermögen: ca. 350 Millionen Franken) wimmelt ab: Eine Million sei auch bei ihm «ein knappes Gut».
Die Idee der «WOZ» ist überraschend und originell, die Umsetzung gelungen. Nicht nur, was die Titelgeschichte betrifft, auch die flankierenden Texte – etwa «Die goldene Galerie» oder die Reisetipps für «Villenwanderungen» – liest man gerne, ebenso das Interview mit dem marxistischen Philosophen Slavoj Zizek.
Schön auch das Gedankenspiel, wie man die 481 Milliarden Franken der 300 Reichsten umverteilen könnte: «Jede arme Familie in der Subsahara erhält einen Solarkochherd». Auch liesse sich ein Nulltarif für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz umsetzen. Oder Gratiskrippenplätze für Kinder und Teilzeitarbeitsstellen für Männer einrichten. Die Reichen müssten trotz alldem nicht am Hungertuch nagen. Unter «Wohltätigkeit» hält die WOZ-Redaktion fest: «JedeR der 300 Reichsten der Schweiz darf eine Million behalten.»
Angesichts all dieser hohen Beträge, die uns da ins Gesicht geschmettert werden, ist der Preis für die «WOZ»-Spezialausgabe bescheiden: So bescheiden, dass man vergass, ihn auf dem Cover zu vermerken. Nur sechs Franken kostet das 64-seitige Magazin. Was will man sagen? Habenmuss!
- Die Wochenzeitung, Nr. 48, Spezialausgabe, 29. November 2012. Kioskpreis: 6 Franken.