Die Harald Schmidts unter den Mäss-Verkäufern

Sie sind mit Sparschälern und Saftpressen europaweit auf Tour, aber in Basel gefällts ihnen am besten: Die Küchengeräteverkäufer vom Petersplatz. Vor ihren Buden trifft Gesundheit auf Comedy – der perfekte Mix für den Abschiedsbummel auf der Mäss.

Seit 30 Jahren im Geschäft: Saftpressenverkäufer Werner Alexander Niederwinkler aus Österreich.

Sie sind mit Sparschälern und Saftpressen europaweit auf Tour, aber in Basel gefällts ihnen am besten: Die Küchengeräteverkäufer vom Petersplatz. Vor ihren Buden trifft Gesundheit auf Comedy – der perfekte Mix für den Abschiedsbummel auf der Mäss.

Die 544. Herbstmesse neigt sich dem Ende zu. Die Adrenalinspeicher sind leer, das Portemonnaie auch. Mit den letzten Rappen wärmen sich die Mässbesucher auf dem Petersplatz an einem Becher Glühwein die Hände und widmen sich dem Müssiggang.

Und dort, auf dem beschaulichsten aller Mäss-Standorte, sind sie anzutreffen: Die Küchengeräteverkäufer. Erst wenn alles Geld verprasst ist, lernt man ihren Unterhaltungswert wirklich schätzen. Vorher gehen sie zwischen all den Bahnen und Buden leicht vergessen.

Der magische Sparschäler

Wie diese Verkäufer aus dem banalsten Sparschäler ein Objekt der Begierde machen: magisch. Wie sie aus Früchten mit wenigen Handgriffen Cocktails zaubern: mmh, lecker. Wie sie mit Sprüchen aufzuwarten wissen, die jeden Stand-up-Comedian in den Schatten stellen: zum laut Herauslachen.

Eine simple Kosten-Nutzen-Kalkulation entlarvt diese Stände als die wahren Juwelen unter den Mäss-Attraktionen. Beispiel gefällig? Das Zuschauen ersetzt die 5 Franken Eintritt im Gruselkabinett (Magie). Auch die 6,50 Franken für die Zuckermandeln kann man sich sparen (wer lange genug zuschaut, bekommt garantiert einen Saft geschenkt) und die 8 Franken für den Sturz vom Freefalltower wären auch verschwendet (Stimulation des Zwerchfells). Kurz: Hier gibt es viel Unterhaltung für wenig Geld.

Wie jede richtige Mäss-Attraktion haben auch diese Stände ihre Verlockung. Beim Augenschein vor Ort gingen die Saftpressen und Sparschäler wie warme Brötchen über die Theke. «Gleich gehts weiter auf der Hühnerleiter», ruft der Verkäufer vergnügt, während er einer Dame gleich drei Pakete zusteckt.

Verkaufen als Gradwanderung

Wer sind diese Verkäufer, die ihre Kunden mit wenig Aufwand und umso mehr Charme zu überzeugen wissen? Werner Niederwinkler ist einer der Budenbesitzer. Er hat gerade Pause und beobachtet zufrieden, wie sein stellvertretender Verkäufer eine Kiwi durch die Luft wirbelt und mit der Saftpresse gekonnt auffängt. «Robert ist ein Selbstdarsteller, er ist eitel wie verrückt. Manchmal muss ich ihm sagen, dass das Produkt der Star ist und nicht er. Er ist mit Abstand mein bester Verkäufer», sagt Niederwinkler.

Niederwinkler hat vor 30 Jahren eine Saftpresse erfunden. Seither lebt er davon, mittlerweile tourt er mit seiner Erfindung durch die ganze Welt. «Natürlich muss man in diesem Beruf gut reden können», sagt er, «und es braucht viel Feingefühl.» Man dürfe seinem Publikum nie zu nahe treten, denn es sei eine Gratwanderung. Weder dürfe man nur lehrmeisterhaft Nährstoffe herunterbeten noch pausenlos Spässe treiben. «Besonders wichtig ist der Kontakt», sagt Niderwinkler. «Ich spreche das Publikum immer wieder direkt an, um zu sehen, ob es noch da ist. Man will die Leute ja nicht hypnotisieren.»

Willst du mit mir kochen, Julien?

Erfahrung hat auch Franky Röhling aus Alen, Westfalen. Er verkauft einen Sparschäler namens «Julien», ein unverzichtbarer Begleiter auf dem Weg zum perfekten Salat. Wie auch Niederwinkler am anderen Stand adressiert Röhling sein Publikum konsequent in weiblicher Anrede, obwohl auch zahlreiche Männer zugegen sind. Aber gehören denn nicht auch die Männer an den Herd? «Frauen sind nun mal gesundheitsbewusster», sagt Röhling und zuckt mit den Schultern, «sie achten mehr darauf, was ihnen gut tut.» Je nach Vorführungsbeispiel spreche er aber auch Männer an. «Zum Beispiel bei der Verarbeitung von Granatäpfeln, denn die sind gut für die Prostata.»

Robert, der junge Saftpressenverkäufer, hat mittlerweile Pause. Mit einem Glas Sekt und einer Zigarette in der Hand steht er ein wenig abseits und verfolgt die Show seines Mentors Niederwinkler. «Für diesen Job muss man zu 51 Prozent geboren sein», sagt Robert. «Verkaufen kann man zu 49 Prozent lernen, aber ohne Talent wirst du nie ein richtig guter Verkäufer.» Robert sagt von sich, er könne alles verkaufen, alles. «Aber bei den Säften stehe ich voll dahinter, das ist mir wichtig.»

Anspruchsvolle Schweizer

In der Schweiz, da sind sich Robert, Niederwinkler und Röhling einig, sei der Job aber ein ganz besonderes Vergnügen. «Die Herbstmesse in Basel ist ein Highlight», schwärmt Niederwinkler, «die Zuschauer hier sind intelligent und anspruchsvoll, die Gesundheit scheint den Schweizern einfach wichtig zu sein.»

Noch bis zum 11. November, also zwei Tage länger als an den übrigen Standorten, dauert die Herbstwarenmesse auf dem Petersplatz. Es bleibt also noch Zeit für einen Besuch in den Studios der Harald Schmidts unter den Mäss-Verkäufern.

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