Die höchste Hürde zum Schluss

Stan Wawrinka kann heute der 30. Spieler in der Open Era werden, der mindestens zwei Grand-Slam-Turniere gewinnt. Allerdings ist er im heutigen Final gegen Novak Djokovic der Aussenseiter.

Findet Stan Wawrinka auch heute das richtige Rezept? (Bild: SI)

Stan Wawrinka kann heute der 30. Spieler in der Open Era werden, der mindestens zwei Grand-Slam-Turniere gewinnt. Allerdings ist er im heutigen Final gegen Novak Djokovic der Aussenseiter.

Ein bisschen gleicht die Ausgangslage bei diesem French Open jener von vor knapp anderthalb Jahren, als Wawrinka das Australian Open gewonnen hat. Auch damals siegte er im Viertelfinal gegen ein Schwergewicht, nämlich Novak Djokovic. In dieser Woche eliminierte er in der gleiche Runde Roger Federer. Und vor dem Final ist er erneut Aussenseiter. Aber längst nicht mehr so klar wie in Melbourne gegen Rafael Nadal. Vor dem Erfolg im Australian-Open-Final hatte er gegen den Spanier zwölfmal ohne Satzgewinn verloren.

Gegen Djokovic hingegen sieht seine Bilanz bei näherem Hinschauen deutlich besser aus. Klar, er hat gegen den Serben von den letzten 17 Duellen nur eines für sich entschieden, eben das auf dem Weg zu seinem ersten Grand-Slam-Titel. Bei den letzten vier Partien an einem Major fiel die Entscheidung aber immer erst im fünften Satz. «Ich weiss, dass es ihm nicht gefällt, gegen mich zu spielen. Er fühlt sich nicht wohl, wenn ich aggressiv spiele. Ich muss mich auf mich konzentrieren und versuchen, mein bestes Niveau zu erreichen.»

Beide dürften heute ziemlich nervös sein, vermutet Wawrinka. Djokovic hat zwar bereits acht Grand-Slam-Titel gewonnen und steht zum 16. Mal in einem Final. Doch für den Serben geht es um viel. Der erstmalige Sieg beim French Open ist seit geraumer Zeit sein grosses Ziel. Nach dem Erfolg gegen Rafael Nadal im Viertelfinal scheint der Weg frei zu sein. An einem anderen als dem neunfachen spanischen French-Open-Sieger zu scheitern, wäre für den 28-Jährigen eine besondere Enttäuschung.

Roland Garros ist der letzte Major-Titel, der Djokovic noch fehlt. Er würde ihm ermöglichen, in einen exklusiven Kreis vorzustossen. Nur sieben Spieler haben alle Grand-Slam-Turniere mindestens einmal gewonnen und nur vier davon in der Open Era (seit 1969): Rod Laver, Andre Agassi, Roger Federer und Rafael Nadal. Der Zeitpunkt scheint für Djokovic ideal, schliesslich befindet er sich in Topform, hat die letzten 28 Matches für sich entschieden.

«Seine Resultate sind herausragend», sagt Wawrinka. «Er hat alle grossen Titel in diesem Jahr gewonnen. Er spielt das beste Tennis seiner Karriere.» Seit der Finalniederlage Ende Februar in Dubai gegen Roger Federer hat Djokovic nicht mehr verloren. Seine Saisonbilanz lautet 41:2 Siege. In Roland Garros marschierte er ohne Satzverlust in den Halbfinal. Dort aber zeigte Andy Murray, dass auch der bisherige Überflieger verwundbar ist. Der Schotte forderte ihn über fünf Sätze.

Wawrinka weiss genau, was ihn heute erwartet. Er kennt Djokovic, er weiss, was zu tun ist: «Ich muss versuchen, seinen Rhythmus zu brechen, ihn mit harten Schlägen aus der Balance zu bringen.» Wichtiger noch ist aber, dass der 30-jährige Weltranglisten-Neunte die Erfahrung aus einem Grand-Slam-Final besitzt und in den letzten gut zwei Jahren gelernt hat, mit solchen Drucksituation umzugehen.

Wawrinka war keine 24 Stunden vor dem Showdown gegen Djokovic entspannt und zuversichtlich. «Die Nervosität kommt erst am Matchtag langsam auf. Es wird wichtig sein, dass ich meine Emotionen dann im Griff habe.» Dass Djokovic der Favorit ist, stellt er nicht in Abrede. Aber Wawrinka weiss, dass auch er seine Argumente hat. «Wenn ich Djokovic gegen andere Spieler sehe, denke ich, er ist unantastbar. Wenn ich dann gegen ihn spiele, merke ich, dass ich ihm weh tun kann, weil ich härter schlage als die meisten anderen.»

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