Die Höllenampel vom Voltaplatz

Kann eine Ampel des Teufels sein?

Das Tor zur Hölle, auch bekannt als Volta-Ampel.

(Bild: Hansjörg Walter)

Kann eine Ampel des Teufels sein?

Der Mensch verbringt rund zwei Wochen seines Lebens vor roten Ampeln. Besagt eine Studie oder haben die Macher von «unnützes Wissen» erfunden. Das ist ziemlich viel, mögen einige sagen. Die Bewohner des St. Johanns hingegen können über solche Traumzahlen nur lachen. Zwei Wochen!? So viel Zeit verbringen wir in EINEM JAHR vor EINER AMPEL.

Am Voltaplatz nämlich gibt es ein Lichtsignal, das alle anderen kümmerlichen Rotlichter in den Schatten stellt. Das wissen wir, weil wir Tag für Tag Unmengen von Minuten in diesem Schatten verbringen. Besagte Ampel – ein von aussen betrachtet recht unschuldiges, klassisches Exemplar – steht an der Elsässerstrasse, direkt vor dem Voltaplatz. Wer von Frankreich her anreist, wird hier erst einmal gebremst.

Eine Ampel ist kein Rassist – in der Regel

Das könnte ein Zeichen an die Grenzgänger aus Saint-Louis sein oder auch nicht, es ist uns egal. Es ist eine Ampel und eine Ampel hat nicht wie ein Nationalist, sondern wie eine Ampel zu funktionieren. Verhältnismässig im Gleichtakt mit den anderen Ampeln, einmal rot, einmal orange, einmal grün, im geschmeidigen Verkehrstanz. Diese Ampel aber ist das Gegenteil von fair. Sie ist der Sand im Getriebe, der Klumpfuss im Tanzensemble. Wäre sie ein Mensch, hätte sie eine schwarze Seele.

Eigentlich sollten wir es ja wissen. Der Postomat direkt daneben warnt seit einiger Zeit auf Google Maps mit seinem Namen vor diesem heimtückischen Ding:

Leider wundert man sich nur kurz darüber, dass ein Postomat einen Namen trägt und ignoriert die subtile Warnung. Dabei war das schon bei Sokrates eine schlechte Idee.
 

 

Man steht also mal wieder vor dieser Ampel des Teufels und versucht, die sechs bis sechzehn Minuten aufgezwungene Wartezeit sinnvoll zu verwerten. In unserem Fall etwa so:
 

  • Die knapp 30 Meter nach Hause gefahren, um die vergessene Sonnenbrille zu holen
     
  • Uns zuhause noch ein Brot geschmiert
     
  • Uns ein zweites Brot geschmiert
     
  • 30 Whatsapp-Nachrichten geschrieben («Ampel», «Arschloch», «Verkehrsnullen», «Verkehrswichser», «Verkehrsnazis», «Scheisse», «Beil», «Vorschlaghammer», «Bombe», «Krieg»)
  • In der Kreuz-Apotheke am Eck Bachblütentropfen «Erhöhte Sensibilität» gekauft
     
  • Mit dem Filialleiter der Kreuz-Apotheke ein Schwätzchen gehalten
     
  • Ein Fläschchen Bachblütentropfen «Erhöhte Sensibilität» geext
     
  • Dem frustrierten Autofahrer nebenan ein geschmiertes Brot angeboten
     
  • Dem Filialleiter der Kreuz-Apotheke ein geschmiertes Brot angeboten
  • Die Ampel mit einem geschmierten Brot beworfen
     
  • Die Ampel mit einem Fläschchen Bachblütentropfen «Erhöhte Sensibilität» beworfen

Nicht nur haben wir so zwei Wochen unseres Lebens mit Warten verbracht, wir sind auch 336 Stunden zu spät gekommen, haben 42 Mahlzeiten verpasst und mindestens eine Stange Frustzigaretten konsumieren müssen. Gesundheitsprobleme, Erschöpfungszustände, Stresssymptome, Raucherlunge? Alles wegen dieser verdammten Ampel. 

Vielleicht sollte man seiner Wut statt mit ewig langen Veloparkplatz-Diskussionen oder Drämmli-Querelen endlich mal produktiv Luft machen: Volta-Ampel sabotieren, zerstören, verbrennen! Aus dem Verkehr ziehen, so to speak. He he. Danach wird alles besser. Glückliche Autofahrer stürmen das St. Johann, übermütige Fahrradfahrer kollidieren mit verwirrten Trams, die Kreuz-Apotheke hat alle Hände voll zu tun. Der Postomat kriegt einen neuen Namen. Noah vielleicht, der Ruhebringer.  

Nach höchstens drei Tagen kommt eine neue Ampel hin und wir stehen wieder am Anfang. Aber wie heisst es bei Sokrates oder «leben-ohne-limit.com» so schön: «Die Kraft des Gedankens ist der Ursprung der Veränderung.»

Aggressionsbewältigung, Frustabbau, Apotheker-Bonding, Revolutionsfunke? Alles dank dieser verdammten Ampel.

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