Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, äussert sich in einem Interview wohlwollend über die Negativzinsen. Im Hinblick auf weitere Zinssenkungen kann das Lob nur bedeuten, dass die SNB solchen nicht völlig ablehnend gegenübersteht.
Am 3. Dezember entscheidet die Europäische Zentralbank (EZB), ob sie die Geldschleusen für den Euro weiter öffnet oder nicht. Das wird auch Auswirkungen auf den Franken und damit auf die Schweiz haben. Sollte die EZB den Euro noch günstiger machen, wird allgemein erwartet, dass auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) nachziehen und die Zinsen weiter senken muss.
Acht Tage vor dem Entscheid der EZB äussert sich SNB-Präsident Thomas Jordan in einem am Mittwoch auf der Internetseite der «Handelszeitung» publizierten Interview äusserst positiv zu den umstrittenen Negativzinsen. «Sie haben sich sehr gut bewährt», sagte er. Sie hätten die Attraktivität des Frankens reduziert. Die Zinsdifferenz zu anderen Währungen habe sich erhöht.
Jordan sieht zurzeit auch keine übermässigen negativen Nebeneffekte der Negativzinsen. So stelle die SNB keine Flucht ins Bargeld fest, sagte er. Beim jetzigen Zinsniveau sei auch die Gefahr relativ klein, dass Banken ihren Kunden einen Negativzins verrechneten. Banken hätten mit einer Erhöhung der Aktivzinsen ihre Margen stabilisiert.
Weitere Eingriffe
Um eine weitere Aufwertung des Frankens zu verhindern will die SNB auch weiterhin am Devisenmarkt intervenieren. «Sind wir davon überzeugt, dass eine Intervention einen nachhaltigen Zweck erfüllen kann, so sind wir auch in Zukunft bereit, unsere Bilanz entsprechend einzusetzen», sagte er. Dabei gebe es keine Obergrenze bei der Ausweitung der Bilanz.
Zur Frankenstärke sagte Jordan, dass es der Schweizer Wirtschaft gelingen werde, sich an die Währungsaufwertung und den intensiveren Wettbewerb mit dem Ausland anzupassen. Jordan bedauerte dabei den Verlust von Arbeitsplätzen. Doch der Strukturwandel sei für die Schweiz nichts Neues. Ihr wirtschaftliche Stärke beruhe darauf, diesen Wandel über die Zeit besser als andere Länder gemeistert zu haben.
Der SNB-Präsident reagiert damit auf die zunehmende Kritik am Kurs der Nationalbank. Diese hatte im Januar die Untergrenze von 1,20 Franken pro Euro aufgehoben. Seither bewegte sich der Euro-Kurs zwischen 1,05 und 1,10 Franken, was zu Produktionsverlagerungen ins Ausland und zu einer verstärkten Kritik an der Nationalbank geführt hat. Die SNB wird am 10. Dezember das nächste Mal ausführlich über ihre Politik informieren.