Fast zehn Tage nach der Taifun-Katastrophe auf den Philippinen warten Hunderttausende nach wie vor auf Nahrung, sauberes Wasser und ein Dach über dem Kopf. Die internationale Hilfe lief am Wochenende auf Hochtouren.
Im schwer betroffenen Ort Giporlos auf der Insel Leyte traf am Samstag erstmals ein US-Helikopter ein, um Hilfspakete zu verteilen. Im Nachbarort Guiuan landeten im Minutentakt Transportflugzeuge auf dem notdürftig reparierten Landestreifen einer alten Militärbasis.
Nach US-Militärangaben wurden 118 Tonnen an Nahrungsmitteln, Wasser und Material für Notunterkünfte verteilt. Fast 2900 Menschen seien zudem aus der Katastrophenregion ausgeflogen worden. Nach UNO-Angaben wurden mehr als 170’000 Nahrungsmittelpakete an betroffene Familien verteilt.
Der britische Zerstörer «HMS Daring» erreichte am Sonntag die Katastrophenregion, später soll ein Helikopterträger dazukommen. Japan bereitete die Entsendung von drei Kriegsschiffen, zehn Flugzeugen und sechs Helikoptern mit insgesamt 1200 Soldaten vor, um Hilfe für die Sturmopfer zu leisten.
Am Sonntag versprach auch Staatschef Benigno Aquino den Notleidenden tatkräftige Unterstützung beim Wiederaufbau. Bei einem Besuch im Katastrophengebiet betonte der in die Kritik geratene Präsident, seine Regierung werde «alle Hebel in Bewegung setzten», damit die Menschen das Nötige bekämen.
Vier Millionen Vertriebene
Die Zahl der Vertriebenen wurde am Wochenende deutlich nach oben korrigiert: Fast vier Millionen Philippiner hatten ihre Häuser verlassen müssen. Trotz der Hilfslieferungen und Spenden aus aller Welt ist die Lage für unzählige Menschen noch immer prekär. Viele campierten hungernd, durstig und ohne sanitäre Anlagen im Freien.
Immerhin hat sich die Versorgungslage – verglichen mit den ersten Tagen – deutlich verbessert. «Die Verteilung geht jetzt schneller, weil wir mehr Freiwillige haben», sagte der Bürgermeister der Stadt Tacloban, Alfred Romualdez. Die Armee hatte zusätzlich mehr als 50 Lastwagen geschickt.
Taifun «Haiyan» hatte am 8. November Sturmfluten mit meterhohen Wellen ausgelöst, die Hunderte Meter ins Landesinnere rollten und Häuser, Autos und Bäume fortrissen. Die offizielle Zahl der Toten ist weiter gestiegen: Mindestens 3976 Menschen kamen durch den verheerenden Wirbelsturm ums Leben, wie die Katastrophenschutzbehörde am Sonntagabend mitteilte. Zudem gelten 1590 Menschen als vermisst.
Viele Obdachlose
Manche Überlebende können ihre beschädigten Häuser reparieren. Der Leiter von Caritas International, Oliver Müller, betonte aber: «Die absolute Zahl der Obdachlosen ist erschreckend.» Sein Hilfswerk werde 4000 Notbehausungen auf den Weg bringen. Nahe Tacloban wird schon an einer neuen Siedlung mit Häusern für Tausende Obdachlose gebaut.
Auch für das Schweizerische Korps für humanitäre Hilfe (SKH) liegt die Priorität beim Bau von Unterkünften, wie SKH-Chef Manuel Bessler am Samstag der Zeitung «Der Bund» sagte.
Christopher Sheen Gonzales, Bürgermeister von Guiuan auf der Insel Samar«, sagte beim Besuch von Präsident Aquino: »Die Menschen wollen ihr Leben zurück, sie wollen nicht von Hilfspaketen leben. Wir sind fest entschlossen, die Stadt wieder aufzubauen.“
Staatschef Aquino rief den Betroffenen zu: «Aber ihr müsst auch selbst beim Wiederaufbau anpacken, dann geht die Sache schneller.» Die Behörden boten Jobs bei den Aufräumarbeiten an, damit die Obdachlosen Geld verdienen können. Sozialministerin Corazon Soliman rief dazu auf, Schaufeln, Nägel, Hämmer und Sägen zu spenden.
Internationale Hilfsgelder
Die EU erhöhte ihre Hilfsleistung um weitere sieben Millionen auf insgesamt 20 Millionen Euro. Der britische Premierminister David Cameron kündigte an, seine Regierung werde die Zahlungen an UNO-Organisationen und das Rote Kreuz auf umgerechnet fast 60 Millionen Euro erhöhen.
Die Schweiz stellt für die Taifun-Opfer sechs Millionen Franken zur Verfügung. Der Beitrag dient der Finanzierung von Aktionen der Humanitären Hilfe vor Ort, wie das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Samstag mitteilte. Die Gelder würden namentlich für Wasser, sanitäre Grundversorgung, Notunterkünfte und medizinische Versorgung eingesetzt.