Das Konsortium Investigativer Journalisten hat einen Teil der Panama Papers veröffentlicht. In die geleakten Offshore-Geschäfte sind auch Basler Firmen verwickelt, aber wie bleibt im Unklaren.
Anfang April veröffentlichten die «Süddeutsche Zeitung» und das Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) die Panama Papers, an die sie durch ein Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca gelangt waren. Die Enthüllungen über geheime Offshore-Unternehmen erschütterten nicht nur die Finanzwelt.
Der isländische Premierminister trat zurück, Politiker und Stars standen am medialen Pranger. Der Anwaltskanzlei wird vorgeworfen, ihren Klienten bei legalen Strategien der Steueroptimierung, aber auch bei Steuer- und Geldwäschedelikten, geholfen zu haben. Die Rohdaten von Mossack Fonseca blieben jedoch unter Verschluss.
Erst vergangenen Montagabend stellte der ICIJ einen Teil der Daten in einer interaktiven Datenbank online. Darunter Adressen, an denen Offshore-Firmen gemeldet sind. 3208 verweisen in die Schweiz, 28 davon in den Raum Basel.
Damit kann eine Recherche im grössten geleakten Datensatz aller Zeiten beginnen. Doch die Ernüchterung stellt sich schneller ein als erwartet: Bei 23 Adressen handelt es sich entweder um Mehrfamilienhäuser oder Bürogebäude, in denen mehrere Unternehmen tätig sind. Nur fünf lassen sich eindeutig einer Institution oder einer Person zuordnen.
Diese Spuren haben wir weiterverfolgt: Die Anschriften gehören zu einem Tubenhersteller in Reinach, zu zwei Rechtsberatungsunternehmen in Basel und zu den Kantonalbanken beider Basel.
Die Tubenfabrik Obrist H. & Co AG an der Römerstrasse in Reinach ist seit 2014 in Konkurs. Die Offshore-Firma, mit der ihre Adresse via den Aktionär Albi Obrist in Verbindung stehen soll, wurde 1996 gegründet und im Oktober 2015 aufgelöst. Welchem Zweck die Geschäftsverbindung mit der Offshore-Firma Olympic Gold Holdings Limited diente, bleibt unklar, da bisher eine Antwort von Obrist H. & Co AG ausblieb.
War der Tubenhersteller Obrist H. & Co AG in Offshore-Geschäfte verwickelt? (Bild: Screenshot ICIJ)
An dieser Stelle muss man jedoch festhalten: Briefkastenfirmen sind nicht per se illegal. Der «Tages-Anzeiger» führt vier mögliche legale Zwecke an, denen eine Briefkastenfirma dienen kann: Schutz des Geschäftsgeheimnisses, Nachlassplanung, Steueroptimierung oder Verschleierung der Vermögensverhältnisse gegenüber dem Ehepartner.
Der Oligarch an der Schützenmatte
Erfolgreicher war unsere Anfrage bei der Rechtsberatung «Mauerhofer & Partner» in Basel. Reto Mauerhofer zeigte sich überrascht über die angebliche Verbindung seiner Adresse mit einem Offshore-Geschäft. «Ich hatte in meinem Leben noch nie mit einer Briefkasten-Firma zu tun», versichert er am Telefon.
Vor sieben Jahren erwarb Mauerhofer die Liegenschaft an der Schützenmattstrasse 75. «Vorher gehörte die Liegenschaft einem russischen Oligarchen», sagt er: «Das würde ja viel besser passen.» Und tatsächlich verweist die Verbindung in der Datenbank auf einen gewissen Sergiy Ganzelyns’kyy, der beim Basler Grundbuchamt vor Mauerhofer als Besitzer der Liegenschaft eingetragen war.
Die Spurensuche an der Schützenmattstrasse führt zu einem russischen Oligarchen. (Bild: Screenshot ICIJ)
Eine weitere Rechtsberatungs-Firma in Basel, die Remaco Advisory Services AG, unterhält laut Datenbank eine Verbindung mit einer Offshore-Firma: Die Remaco-Gruppe ist als Aktionär der Offshore-Firma Classic Finance & Holdings Ltd. eingetragen. Eine Anfrage bei der Rechtsberatungsfirma klärt den Zweck dieser Geschäftsbeziehung aber nicht:
«Die von Ihnen genannte Gesellschaft ist Remaco Advisory Services AG nicht bekannt, sie hat und hatte keine Geschäftsbeziehung zu ihr. Remaco Advisory Services AG kann sich die auf Ihrem Link angegebene Darstellung nicht erklären.»
Die Basler Kantonalbanken in den Panama Papers?
In der Datenbank stösst man auch auf den «The BKB Trust». Tatsächlich bietet die Basler Kantonalbank (BKB) auch «Trust Investments» an. Hierbei handelt es allerdings sich um bankübliche Treuhand-Anlagen, stellt Martina Hilker, Leiterin Kommunikation der BKB, klar. «Eine Verbindung zwischen diesem Trust und der Basler Kantonalbank besteht nicht.» Die BKB verweist weiter auf eine Stiftung in Indien, die ebenfalls das Kürzel BKB trägt. Und dies sei auch kein Einzelfall. Hilker dazu:
«Das Kürzel BKB wird ja auch anderweitig verwendet.»
«The BKB Trust» trägt das Kürzel der Basler Kantonalbank, könnte aber genau so gut eine Stiftung aus Indien sein. Details gehen aus der Datenbank der ICIJ nicht hervor.
Um eine Verwechslung kann es sich hingegen bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) nicht handeln. Die Bank fungierte von 2005 bis 2010 als Geschäftsbank für die panamaische Firma Nitton Management S.A., der Mitarbeiter von Mossack Fonseca vorstehen.
Die Verbindung der Basellandschaftlichen Kantonalbank wurde 2010 aufgelöst. (Bild: Screenshot ICIJ)
Monika Dunant, Mediensprecherin der Basellandschaftlichen Kantonalbank, bestätigt indirekt das Geschäftsverhältnis:
«Die Firma ist seit Ende 2010 nicht mehr Kundin der BLKB.»
Details zur Zusammenarbeit liefert die BLKB nicht. Anzeichen, warum sich die Bank von Nitton Management S.A. getrennt hat, gibt es allerdings. In den letzten Jahren hat die BLKB ihren Fokus stärker auf die Region gelegt und im Rahmen der Weissgeldstrategie auf Geschäftsmodelle, bei denen Steuern nicht am Fiskus vorbeigeführt werden.
Aus diesem Grund wurde auch im Jahr 2009 die AAM-Privatbank verkauft, deren undurchsichtiges Geschäftsmodell nicht mehr in die Strategie des BLKB-Managements passte. Es ist also zumindest denkbar, dass die panamaische Firma ebenfalls in dubiose Geschäftspraktiken involviert war und die BLKB daher die Geschäftsbeziehung auflöste.
Die Grenzen der Datenbank
Bei den Recherchen in den Dokumenten bleibt vieles offen. Die offengelegten Verbindungen führen oft zu dubiosen Firmen, bei denen anonyme Aktionäre eingetragen sind oder die direkt von Mitarbeitern von Mossack Fonseca geführt werden. Das liegt zum einen am Prinzip einer Steueroase: Sie schafft eine Struktur, um Firmen zu gründen, die von aussen undurchschaubar sind. Zum anderen stossen die Recherchen an Grenzen, da die veröffentlichten Daten nur eine erste, oberflächliche Ebene abbilden.
Aus der veröffentlichten Datenbank sind lediglich Verbindungen ersichtlich, wer dahinter steckt, erfährt man aber nicht. Die «Süddeutsche Zeitung» schreibt von einer zweiten, weiterführenden Ebene, die Originaldokumente wie E-Mails, Urkunden oder Passkopien enthält. Was sich damit alles herausfinden lässt, erklärt die Zeitung anschaulich:
«Der Name von Lionel Messi, dem argentinischen Weltstar des Fussballs, taucht in der ICIJ-Datenbank nicht auf, weil die Firma, die ihm offensichtlich zur Hälfte gehörte, offiziell von einer anonymen Inhaberaktie gehalten wurde. Nur diese Information findet sich auf der ersten Ebene der Mossack-Fonseca-Daten. Erst wenn man die dazugehörigen Originaldokumente recherchiert, stösst man auf den Namen Messi – auf eingescannten Verträgen.»
Dass die Spuren der Panama Papers bis in die Schweiz und auch nach Basel führen, ist wenig überraschend. Viele Schweizer Anwälte und Banker betreuen Kunden mit Offshore-Firmen. Ein Geschäftsmodell, das an sich nicht illegal ist. Es ist jedoch beeindruckend, wie komplex die Firmenstrukturen sind und gleichermassen erstaunlich, wie rasch Firmen, Kanzleien und Banken ohne plausible Erklärung Offshore-Geschäfte verneinen.
Die Beweislast, die sich aufgrund der ICIJ-Datenbank ergibt, ist aber zu gering, um hinter die reflexartige Ablehnung der Pressesprecher blicken zu können.