Die Politik schadet dem Weltklima am meisten

Klimamodelle sind mit vielen Unsicherheiten behaftet. Nun hat ein internationales Forscherteam unter Zürcher Leitung analysiert, welche dieser Unsicherheiten das Erreichen der Klimaziele am stärksten beeinflussen. Den grössten Effekt hat die Verzögerungstaktik der Politik.

Teilnehmer einer Klimakonferenz: Das Timing von internationalen Massnahmen hat laut Studie den grössten Einfluss (Symbolbild) (Bild: sda)

Klimamodelle sind mit vielen Unsicherheiten behaftet. Nun hat ein internationales Forscherteam unter Zürcher Leitung analysiert, welche dieser Unsicherheiten das Erreichen der Klimaziele am stärksten beeinflussen. Den grössten Effekt hat die Verzögerungstaktik der Politik.

Das Team um Joeri Rogelj von der ETH Zürich identifizierte fünf Faktoren, die beeinflussen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Klimaziel – eine Erwärmung von maximal 2 Grad Celsius – erreicht werden kann. Dazu gehören das geophysikalische Klimasystem, technische Massnahmen zur CO2-Reduktion, die globale Energienachfrage und der Preis für Emissionsrechte.

Mit Abstand den grössten Einfluss hatte aber der fünfte Faktor, das Timing von internationalen Klimamassnahmen: Je länger die Politik damit wartet, wirksame Massnahmen gegen den CO2-Ausstoss zu realisieren, desto unwahrscheinlicher wird das Erreichen des Klimaziels, wie die Autoren im Fachblatt „Nature“ schreiben.

„Wenn statt im Jahr 2015 erst 2020 gehandelt wird, sinken die Chancen, das 2-Grad-Ziel zu erreichen, von 60 auf 56 Prozent“, schreibt Steve Hatfield-Dodds von der australischen Forschungsbehörde CSIRO in einem Begleitkommentar. Irgendwann helfe auch mehr Geld nichts mehr, schreiben die Autoren, da die Grenzen des Erdsystems erreicht seien.

Eine Tonne CO2 müsste 40 Dollar kosten

Noch lohnen sich Investitionen in den Klimaschutz. Derzeit kostet aber eine Tonne CO2 im EU-Emissionshandel nur 8 bis 9 Dollar. Laut Rogelj ist damit das Erreichen des 2-Grad-Ziels sehr unwahrscheinlich. Für eine Zweidrittel-Wahrscheinlichkeit müsste der Preis unter gewissen Annahmen bei mindestens 40 Dollar liegen – weltweit.

Der Liter Heizöl oder Benzin wäre damit grob geschätzt zehn Rappen teurer als heute. Bei diesem Preis flössen je nach Szenario 0,9 bis 1,7 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) in Klimaschutzmassnahmen.

„Im Wesentlichen ging es in der Studie darum zu untersuchen, wie der Wille unserer Gesellschaft, für Klimaschutzmassnahmen in die Tasche zu greifen, mit dem Risiko zusammenhängt, das die Gesellschaft mit dem Klimawandel eingeht“, sagt Rogelj in einer Mitteilung der ETH.

Rangliste der Klimaschutz-Hemmnisse

Rogelj und seine Kollegen aus Österreich, Neuseeland und Australien haben Klima- und Energiemodelle mit Szenarien der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung kombiniert. All diese Modelle enthalten Unsicherheiten, die Entscheidungsträger in der Vergangenheit als Argument benützten, um keinen Klimaschutz zu betreiben.

Nun haben Rogelj und Kollegen erstmals den Beitrag der einzelnen Unsicherheiten beziffert und eine Rangliste erstellt. Dabei stellte sich heraus, das Herauszögern die schlechteste Taktik ist. „Rogelj und Kollegen haben jedem verlorenen Jahr ein Preisschild angehängt“, schreibt Hatfield-Dodds.

Laut den Autoren ist das oft erwähnte 2-Grad-Ziel nur zu erreichen, wenn die Gesellschaft lange vor 2020 einen Kurs mit höherer Energieeffizienz und tieferem Energiekonsum einschlägt.

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