Die Rache der Schweiz (Spielkritik: London 2012)

Die Olympischen Sommerspiele 2012 in London sind Geschichte. Die Schweizer Medaillenbilanz ist nicht berauschend: Nicola Spirig (Triathlon) und Steve Guerdat holen Gold und Roger Federer (Tennis) und Nino Schuerter (Cross Country) Silber. Zeit, die Bilanz zumindest virtuell zu korrigieren. Die Olympischen Sommerspiele 2012 in London sind Geschichte. Die Schweizer Medaillenbilanz ist nicht berauschend: Nicola Spirig […]

Ein kleiner Patzer und die Stange liegt am Boden.

Die Olympischen Sommerspiele 2012 in London sind Geschichte. Die Schweizer Medaillenbilanz ist nicht berauschend: Nicola Spirig (Triathlon) und Steve Guerdat holen Gold und Roger Federer (Tennis) und Nino Schuerter (Cross Country) Silber. Zeit, die Bilanz zumindest virtuell zu korrigieren.

Die Olympischen Sommerspiele 2012 in London sind Geschichte. Die Schweizer Medaillenbilanz ist nicht berauschend: Nicola Spirig (Triathlon) und Steve Guerdat holen Gold und Roger Federer (Tennis) und Nino Schuerter (Cross Country) Silber. Zeit, die Bilanz zumindest virtuell zu korrigieren…

London 2012 heisst das offizielle Spiel zu den Olympischen Spielen 2012 lapidar und das widerspiegelt auch ein wenig den Geist des Ganzen: Schlicht, stylisch und effizient. Das Startmenu ist dem offiziellen Design der realen Vorlage nachempfunden. Ich starte logischerweise als Schweizer Delegation und stutze gleich das erste Mal: Die Namen der Athleten sind nämlich rein zufällig und entsprechen nicht ihren echten Vorbildern. Schade, hier hätte man mit einer simplen Datenbank und rudimentären äusseren Ähnlichkeiten punkten können.

Immerhin darf man die Namen und das Aussehen selbst editieren und so das Originalteam nachbauen. Das dauert aber und ist mühsam- verbessert aber den Spass, die verpassten Chancen nachzuholen immens. Die Mühe, alle Athletinnen nachzubauen mache ich mir nicht. Ich starte mit 50m Freestyle Schwimmen. Meine Athletin, Anna Steiner gibt alles und schon bald ertönt das erste Mal der Schweizer Psalm.  Auch bei den Männern liegt mein Maël Stadelmann gut im Rennen, bis ich einmal den Rhythmus verpatze und sofort auf den vierten Rang zurückfalle.

Das Tischtennis soll es richten, doch die Steuerung ist anders als bei bekannten Tennisspielen oder dem legendären Rockstar Table Tennis und mein Gurkenheld Florian Meyer haut einen Ball nach dem anderen ins Aus oder stolpert über die Tischkante. Mein holländischer Gegner lacht sich ins Fäustchen- und auch die Medaille ist weg.

Im Kajak dann aber die Wende: Ich habe die Schweizer Hoffnung Mike Kurt nachgebaut und starte souverän. Die Grafik gerade bei den Wassersportarten ist wirklich hübsch und flüssig, vor allem die Wasseranimationen überzeugen vollends. Mein virtueller Kanute überzeugt und die zweite Goldmedaille ist im Trockenen. Ein schöner Moment. Jasmine Frey brilliert im Bogenschiessen und holt eine Silbermedaille.

Fabian Cancellara holt angespornt durch den Doppel-Erfolg auch gleich auf der Radrennbahn Gold und bricht gleichzeitig auch noch einen Weltrekord. Die Spiele haben begonnen- die Schweiz ist im Medaillenrausch. Die Volleyballerinnen holen Bronze- in einem eher mühsamen Spiel, da man bloss von Punkt A nach B springen muss und dort auf die A Taste drückt. Kaum Abwechslung, kaum Taktik.

Das Speerwerfen dann entschädigt wieder für vieles: Der Anlauf muss stimmen, der Abwurfwinkel und schliesslich auch die Abwurfstelle. Ich übe fleissig und schliesslich steht auch Michel Lüthi zuoberst auf dem Treppchen.

Nach Gold im Diskuswerfen, Kugelstossen und Weitsprung macht schliesslich Christof Graf den Sack zu: Schweizer Gold im Gewichtheben! Die Bilanz aus Schweizer Sicht: Acht Mal Gold, ein Mal Silber und einmal Bronze in 12 Disziplinen. Die Olympischen Spiele in Schweizer Hand.

Das Spiel eignet sich aber nicht bloss, um die Geschichte umzuschreiben und verpatzte Chancen nachzuholen, es bietet auch tolle Mehrspieler-Modi. Bis zu acht Spielerinnen und Spieler dürfen gegeneinander oder in Teams antreten und gar in völlig unrealistischen Party-Modes spielen. Da gibt es dann beispielsweise Bogenschiessen mit Punktemultiplikator und andere Absurditäten.

Technisch ist das Spiel gelungen: Alle Austragungsstätten entsprechen ihren realen Vorbildern, das Publikum jubelt frenetisch mit und auch Details wurden liebevoll umgesetzt (z.B. die mitradelnden Trainer beim Rudern). Dass das virtuelle Publikum mit dem exzessiven, lauten Jubeln nicht einmal aufhört, wenn die Sieger-Nationalhymne spielt, verzeiht man da gerne.

Klar, die Neuerfindung des Sportspiels ist auch London 2012 nicht. Seit dem Ur-Leichtathletik-Spiel Track & Field in den 80ern hat sich zwar technisch viel getan, nicht wenige Disziplinen basieren aber nach wie vor auf wildem Knöpfedrücken (bis zur Blasenbildung)- aber das macht irgendwie auch den Reiz des Ganzen aus.

Gespielt werden darf übrigens auch in 3D. Der Tiefeneffekt ist dann ganz hübsch- die Auflösung reduziert sich aber leider aufs Niveau der letzten Spielkonsolengeneration.

Von mir gibt’s für das Ganze eine Silbermedaille. Nun mache ich mich aber dran, die Schweiz in allen Disziplinen zu vergolden. Oder sollte ich vielleicht mal einer noch schlechter gestellten Nation unter die Arme greifen?  Portugal durfte bloss eine einzige Medaille nach Hause holen. Zeit, dies zu ändern…

Das Cover.

Das Cover.

London 2012 – das offizielle Spiel, für Wii, PS3, PC, XBOX360, PEGI: ab 3 Jahren, ca. 75 Franken

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