Seit Jahren laden wir uns Filme, Musik und Serien aus dem Internet herunter. Und staunen dann, wenn sich die Industrie dagegen wehrt. Ein Kommentar über die Sorglosigkeit der Rapidshare-Benutzer.
Seit Jahren laden wir uns Filme, Musik und Serien aus dem Internet herunter. Und staunen dann, wenn sich die Industrie dagegen wehrt. Ein Kommentar über die Sorglosigkeit der Rapidshare-Benutzer.
Das letzte Beispiel war «Homeland». Die preisgekrönte (und grossartige) Serie über eine schwierige CIA-Agentin und ihren hoffnungslosen Kampf gegen einen verdächtigen Irak-Rückkehrer lief von Oktober bis Dezember 2011 auf dem amerikanischen Bezahlsender «Showtime». Früher, also bevor es Anbieter wie Rapidshare, Filesonic oder das nun vom Netz genommene Megaupload gab, früher da wartete man als interessierter Konsument mindestens ein Jahr, bevor man für viel Geld eine DVD-Box kaufte.
Heute besucht man ein paar Stunden nach der Ausstrahlung der neuesten Folge eine Seite wie diese, klickt die aufpoppenden Einladungen zu Sex-Chats weg, drückt zwei Buttons und hat fünf Minuten später die Folge in bester Qualität auf seinem Computer. Das beste daran: Das Ganze ist in der Schweiz legal. Solange man dem Internet keine eigenen urheberrechtlich geschützten Daten (Filme, Serien, etc.) zur Verfügung stellt und sie nur hinunterlädt, macht man sich nicht strafbar.
Das grosse Staunen
Seit mir jemand vor ein paar Jahren zum ersten Mal von Rapidshare erzählt hat, ist mein Konsumverhalten ein grundlegend anderes geworden. Ich kaufe keine DVDs mehr. Ich besitze keine DVDs mehr. Ich staune dafür jedes Mal ein bisschen, wenn ich zuerst das Erscheinungsdatum einer DVD ergoogle und danach (wieder mit der Hilfe von Google) eine Seite mit den Rapidshare-Links zum Film finde. Drei Fragen stelle ich mir dabei. Erstens: Wer lädt all die Filme ins Netz? Zweitens: Warum stört das niemanden, dass ich auf meinem Computer all jene Filme und Serien gratis und legal anschauen kann, für die ich noch vor ein paar Jahren teuer bezahlte? Und drittens: Warum redet niemand darüber?
Die grossen Filesharing-Firmen arbeiten seit Jahren erfolgreich mit ihrem System, aber erst mit der Verhaftung von Kim Schmitz, scheint eine breitere Öffentlichkeit zum ersten Mal überhaupt Kenntnis von all diesen Firmen zu nehmen. Zum Beispiel von Rapidshare. Die Firma ist in Cham beheimatet und ist mit täglich 42 Millionen Seitenaufrufen (weiss Wikipedia), das grösste Filehosting-Unternehmen der Welt. Das System ist einfach: Die Firma stellt Speicherplatz zur Verfügung und verlangt dafür Geld. Die hochgeladenen Dateien können per Link geteilt und heruntergeladen werden. Wer bei der Firma ein Premiumaccount löst (aktuell 99 Euro für zwei Jahre), lädt schneller und parallel herunter.
Moralisch überlegen
Das perfide an Filesharing-Seiten wie Rapidshare oder Filesonic ist die moralische Überlegenheit, die sie den Nutzern scheinbar verschafft: Im Gegensatz zu Downloads via Bit-Torrent-System, bei denen der Nutzer gleichzeitig Daten hochlädt und sich damit strafbar macht, ist die Rapidshare-Variante sauber. Das sind keine Piraten in Zug, das ist eine ehrbare, steuerzahlende Firma, der ich meine Kreditkarten-Nummer anvertraut habe und mit der ich eine grundehrliche, ja biedere! Geschäftsbeziehung eingegangen bin. Und dennoch weiss ich ganz genau, dass ich mit meinem Premium-Account bei Rapidshare fortlaufend Inhalte beziehe, für die ich früher bezahlt hätte.
Vielleicht ist auch das der Grund, warum diese Firmen in der breiten Öffentlichkeit bisher nicht wahrgenommen wurden. Weil es alle taten. Und weil alle wussten, dass es eigentlich falsch war.
Kim Schmitz hat mit seinem Narzissmus und eventuell auch mit der Ankündigung eines neuen Musikdienstes (mehr dazu hier und hier) nun so viel Aufmerksamkeit erzeugt, dass es wohl nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Behörden auch die anderen Firmen vom Netz nehmen.
Und wir biederen Rapidshare-Nutzer dann endgültig in die Illegalität der Torrent-Downloads geschickt werden.