Die Sackgasse Page Impression und ihre Folgen für den Journalismus

Page Impressions sind noch immer die zentrale Messgrösse für Erfolg im Onlinejournalismus. Das ist verheerend, ein Umdenken ist zwingend. Es braucht eine ordentliche Portion Galgenhumor, einen neuen Blog über die allgegenwärtige Zukunft des Journalismus «Page Impression» zu nennen. Ist doch gerade die Fixierung auf die alleinseligmachenden Page Impressions mit ein Grund dafür, warum Journalismus im […]

Page Impressions sind noch immer die zentrale Messgrösse für Erfolg im Onlinejournalismus. Das ist verheerend, ein Umdenken ist zwingend.

Es braucht eine ordentliche Portion Galgenhumor, einen neuen Blog über die allgegenwärtige Zukunft des Journalismus «Page Impression» zu nennen. Ist doch gerade die Fixierung auf die alleinseligmachenden Page Impressions mit ein Grund dafür, warum Journalismus im Netz heute weniger gut ist, als er sein könnte.

Journalismus sollte nicht um Page Impressions besorgt sein, sondern um Seiten, die Eindruck machen. Dieser Blog wird sein Augenmerk auf jene Entwicklungen richten, die den Journalismus und die Medienlandschaft in Zukunft prägen werden. Mit einer gesunden Portion Galgenhumor, vor allem mit viel ehrlich empfundenem Optimismus. Wir glauben an eine glänzende Zukunft des Journalismus.

Wer den Erfolg einzelner Artikel an der Anzahl Page Impressions misst – also wie oft sie aufgerufen wurden – erweist dem Journalismus und damit seiner Leserschaft einen Bärendienst.

Sogenannte Klickmonitoren haben in den meisten Onlineredaktionen Einzug gehalten und zeigen den Journalisten in Echtzeit an, welche Geschichten gut «performen» und welche nicht: Sie zeichnen ein Zerrbild dessen, was die Leute interessiert, und liefern den Medienmachern falsche Anreize.

Wer es auf Page Impressions anlegt, muss nur erreichen, dass seine Leser auf die Anrisse klicken. Leser klickt, Werbung lädt, Kasse klingelt.

Das hat zur Folge, dass boulevardeske Themen stärker gewichtet werden; dass Artikel in Anrissen und Titeln massiv zugespitzt und «überverkauft» werden. Was der Leser geliefert bekommt, nachdem er geklickt hat, wird nachrangig. Denn wenn die Page Impression der Massstab ist, dann ist der Dienst am Leser in dem Moment erbracht, da man ihn verführt hat.

Natürlich ist es legitim und sinnvoll, dass Medien ihre Artikel und Themen auch danach ausrichten, was das Publikum interessiert. Bloss muss man die richtigen Indikatoren verwenden, um dieses Interesse zu messen. Das Schöne am Journalismus im Netz ist ja gerade, dass zig Parameter mess- und auswertbar sind.

Wie lange verweilt der Durchschnittsnutzer auf einer Geschichte? Wie viele Leser haben eine Geschichte via Facebook empfohlen, via Twitter verbreitet, per E-Mail versandt, ausgedruckt, gebookmarked? Wie viele Leser haben von einer Artikelseite aus auf «Abos» geklickt oder den RSS-Feed abonniert? Welche Qualität hat die Diskussion, die durch die Geschichte angestossen wird?

Dies sind Indikatoren dafür, dass ein Inhalt tatsächlich geschätzt und für relevant befunden wird, wogegen Page Impressions nicht viel mehr als spontanes Interesse und Neugier ausdrücken. Die TagesWoche versucht genau dies umzusetzen, sowohl intern wie gegen aussen. Unsere «beliebtesten Artikel» werden nach einem Algorithmus errechnet, bei dem Page Impressions nur ein Faktor von vielen sind.

Es wird Zeit, dass die Page Impression die Beachtung bekommt, die sie verdient: eine geringere.

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