Vom Rücken Roger Federers hängt es ab, ob die Schweiz eine realistische Chance hat, nach dem Davis Cup zu greifen. Die Auftaktpartie in Lille bestreiten heute Freitag ab 14 Uhr Wawrinka und Tsonga.
Normalerweise gibt es eine Sicherheit, wenn Roger Federer Davis Cup spielt: Der Basler sorgt fast sicher für zwei Siege in seinen Einzeln. Seit er 2004 erstmals die Nummer 1 der Welt geworden ist, hat er 22 von 23 Partien gewonnen (einzige Niederlage 2012 in Freiburg gegen Isner). Vor dem so lang ersehnten Final in Frankreich ist für einmal alles anders. Der Fitnesszustand Federers entscheidet, ob die Schweizer in ihrem zweiten Final nach 1992 eine reelle Chance haben, als erst 14. Nation der 114-jährigen Geschichte des Team-Wettbewerbs die silberne «Salatschüssel» zu holen.
Die Aussichten haben sich am Donnerstag immerhin deutlich verbessert. An der Auslosung in der prächtigen Handelskammer von Lille wurde am Mittag klar, dass Captain Severin Lüthi auf seine bestmögliche Besetzung mit Roger Federer und Stan Wawrinka zählen kann. Der Romand eröffnet den Final heute Freitag um 14 Uhr gegen Jo-Wilfried Tsonga, anschliessend tritt Federer gegen Gaël Monfils an.
Im morgendlichen Training präsentierte sich der 33-jährige Baselbieter, der den Masters-Final am Sonntag in London gegen Novak Djokovic wegen starken Rückenschmerzen kampflos verloren geben musste, gegenüber dem kurzen Aufgalopp am Mittwochabend stark verbessert. In einer knappen Stunde testete er mit Wawrinka sämtliche Bälle inklusive Aufschlag, auch wenn er sich da noch ziemlich zurückhielt.
Federer entschied sich dagegen, gestern Nachmittag nochmals zu trainieren und wollte lieber kein Risiko eingehen. Auch werde er die erste Partie Wawrinkas kaum längere Zeit am Court anschauen. Die voraussichtlich langen Ballwechsel gegen den Defensiv-Künstler Monfils dürften gleich am Freitag ein brutal harter Test für Federers Rücken werden. Sollte der Schweizer Teamleader beim Aufwärmen allerdings spüren, dass es doch nicht geht, könnte er immer noch ohne gravierende Folgen das Handtuch werfen. Bestätigt ein neutraler Arzt die Verletzung, kann Marco Chiudinelli oder Michael Lammer an seiner Stelle spielen. Federer wäre dann am Samstag im Doppel und am Sonntag in einem der beiden abschliessenden Einzel immer noch einsatzberechtigt.
Das erste Duell zwischen Wawrinka und Tsonga verspricht völlig ausgeglichen zu werden. Viermal haben die beiden auf Sand gegeneinander gespielt (je zwei Siege), jede Partie ging über die maximale Distanz. Zwischen Federer und Monfils sind die Verhältnisse auf dem Papier klarer. Auf Sand hat der Schweizer alle vier Duelle gewonnen. Angesichts von Federers gesundheitlichen Problemen und 27’000 heissblütigen Fans in der gedeckten Fussball-Arena Stade Pierre Mauroy ist jedoch auch hier kaum ein Favorit auszumachen.
Frankreich strebt im diesjährigen Final, der weltweit so viel Beachtung findet wie lange keiner mehr, seinen zehnten Titel an, die Schweiz ihren ersten. Für das Doppel am Samstag haben beide Captains vorerst die beiden Spieler nominiert, die im Einzel nicht im Einsatz stehen.