Etwas mehr als drei Monate vor der Weltmeisterschaft in Brasilien testet die Schweiz heute (20.30/live SRF2) in St. Gallen gegen Kroatien, einen anderen WM-Teilnehmer mit dem Ex-Basler Ivan Rakitic. Die Phase des Feinschliffs hat begonnen, und Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld sucht die Nummer 1 im Angriff.
Das letzte Länderspiel der Schweiz in St. Gallen endete unschön. Im Spätsommer 2010 gab es gegen Australien nach einem verschossenen Penalty von Alex Frei ein trostloses 0:0. Das Publikum liess seinen Frust über das schlechte Spiel und die zuvor missratene WM in Südafrika an Captain Frei aus.
Einen Monat später stellte dieser den Rücktritt aus dem Nationalteam in Aussicht und die (Fussball-)Schweiz schlitterte in eine Depression, weil die EM-Kampagne nach den zwei Niederlagen zum Start früh kompromittiert war.
Heute Mittwoch kehrt die SFV-Auswahl nach dreieinhalb Jahren in die AFG-Arena zurück. Und die Gemütslage hat sich grundlegend geändert. Diesmal liegt nicht eine enttäuschende WM hinter, sondern eine hoffnungsvolle vor der Schweiz. Das Stadion ist gegen Kroatien, das am 12. Juni (22 Uhr MEZ) gegen Gastgeber Brasilien die Endrunde eröffnen wird, ausverkauft.
Das Schweizer Team wird wieder gemocht. Und Trainer Ottmar Hitzfeld, im September 2010 noch verärgert und aufgebracht über das Schweizer Publikum, ist gelöst wie selten vor einem Spiel. «Ich fühle mich gut.» Man sieht es ihm an.
Nur Shaqiri und Schär sind nicht parat
Im letzten Testspiel vor dem WM-Vorbereitungscamp (ab 25. Mai in Weggis) ist die Zeit für den Feinschliff gekommen. «Ich werde die stärkste Mannschaft aufstellen. Jetzt macht es keinen Sinn mehr, Umstellungen vorzunehmen.» Die stärkste Mannschaft heisst in diesem Fall: Ausser dem verletzten Fabian Schär (Entzündung der Patellasehne) und dem noch nicht ganz fitten Xherdan Shaqiri (eben erst von einem Muskelfaserriss genesen) werden alle auflaufen, welche im WM-Startspiel am 15. Juni in Brasilia gegen Ecuador zu erwarten sind.
Keine Experimente mehr: Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld drei Monate vor dem WM-Start. (Bild: Keystone) (Bild: Keystone/STEFFEN SCHMIDT)
Im Herbst hatte Hitzfeld in den Partien gegen Slowenien und in Südkorea noch einige Probables und Ersatzleute getestet. Mit gutem Erfolg gegen die Europäer (1:0), mit wenig positiven Ansätzen gegen die Asiaten. Jetzt setzt Hitzfeld wieder auf «die Spieler, die schon eingespielt sind».
Die Chance für Josip Drmic
Also auf Stammspieler wie Diego Benaglio im Tor, Stephan Lichtsteiner, Steve von Bergen und Ricardo Rodriguez in der Abwehr, auf Captain Gökhan Inler und Valon Behrami im defensiven Mittelfeld, auf Valentin Stocker und Granit Xhaka hinter der Sturmspitze. In der Innenverteidigung dürfte Johan Djourou Fabian Schär ersetzen, am rechten Flügel könnte Admir Mehmedi für Xherdan Shaqiri spielen. Und Josip Drmic dürfte als Mittelstürmer zum Einsatz kommen.
Mit Josip Drmic versucht ein weiterer Angreifer, sich als richtige Lösung für das Sturmzentrum zu erweisen. In der WM-Qualifikation war zu Beginn Eren Derdiyok gesetzt, am Ende stand Haris Seferovic im Fokus, dazwischen kamen auch Mario Gavranovic und Josip Drmic zu Einsätzen von Beginn weg. Zusammen haben sie in zehn Spielen ganze drei Tore erzielt. «Wir haben keinen Stürmer Nummer 1. Das Rennen ist ziemlich offen», so Hitzfeld.
Wiedersehen mit Ivan Rakitic
Kroatiens Nationalmannschaft kommt ohne Josip Simunic, der nach einer faschistischen Entgleisung von der Fifa für zehn Spiele gesperrt wurde. Damit ist die Nationalmannschaftskarriere des 36-jährigen Verteidigers zu Ende.
Trainiert wird die Auswahl von Nico Kovac, der einst unter Ottmar Hitzfeld für Bayern München gespielt hat. Vor seinem 60. Länderspiel steht der Ex-Basler Ivan Rakitic. 2007 vom FCB zu Schalke und zur Saisonhälfte 2011/12 von dort zum FC Sevilla gewechselt, hat er sich als Captain der Andalusier einen hohen Stellenwert verschafft.
Kommende Woche wird Rakitic, in Möhlin geboren und fussballerisch beim FC Basel gross geworden, 26 Jahre alt. Sechs Millionen Franken Ablöse hat er einst dem FCB gebracht, und im «Tagesanzeiger» (online nicht verfügbar) wird nicht zum ersten Mal thematisiert, dass Rakitic dereinst zu jenen zählen soll, die in die Fremde zogen, um im späteren Verlauf wieder heimzukehren.
Darüber, so heisst es, sei er sich mit FCB-Präsident Bernhard Heuser einig. Derzeit verhandelt Rakitic mit dem FC Sevilla über eine Verlängerung seines bis 2015 laufenden Vertrags.
Der Ex-Basler Ivan Rakitic im Trikot des FC Sevilla in der Europa League. (Bild: Reuters/JAVIER DIAZ) (Bild: Reuters/JAVIER DIAZ)