Gegen Atletico Madrid spielt niemand gerne. Bayern München muss es in den Champions-League-Halbfinals tun. Ein Auswärtstor im Hinspiel wäre für ihn wichtig. Doch in Madrid trifft fast nie ein Gast.
Die Spieler im Kader des FC Bayern München kommen zusammen auf 1310 Europacup-Spiele. Viele von ihnen haben schon die Champions League gewonnen, einige sind Weltmeister, einer ist zudem Europameister, einer auch Südamerika-Meister. Doch ein Spiel im Madrider Estadio Vicente Calderon gegen Atletico Madrid hat der FC Bayern München noch nie absolviert. «Auch für erfahrene Spieler wie Lahm oder Neuer wird das eine grosse Erfahrung», sagte Bayerns spanischer Coach Pep Guardiola. «In diesem Stadion herrscht die beste Stimmung in Europa.»
Zumindest die paar Spanier bei Bayern München wissen, was auf sie zukommt. Der Respekt vor dem Gegner und der heissen Atmosphäre im engen Kessel ist gross. «Atletico Madrid war für mich das Team, gegen das ich am wenigsten gerne spielen wollte», gestand etwa der Verteidiger Javi Martinez, der früher mit Athletic Bilbao in Madrid angetreten war.
Wie schwer es ist, bei Atletico Madrid etwas zu holen, haben in den letzten Jahren viele Grosse des europäischen Fussballs erfahren müssen. Der FC Barcelona scheiterte innerhalb von zwei Jahren zweimal in den Viertelfinals, ohne im Vicente Calderon ein Tor erzielt zu haben. Real Madrid kam vor einem Jahr – ebenfalls im Viertelfinal – auch bloss zu einem 0:0 und Juventus Turin verlor in der letzten Saison auf dem Weg in den Final in den Gruppenspielen bei Atletico 0:1.
Seit sechs Partien ist Atletico Madrid im eignen Stadion in K.o.-Spielen der Champions League ohne Gegentor. Der letzte erfolgreiche Gast war Milans Kaka im März 2014 (Atletico gewann dieses Spiel allerdings 4:1). Die Bayern wollen Atleticos Serie durchbrechen. Sie haben das Ziel, Atletico in eine Ausgangslage zu bringen, in der die Spanier im Rückspiel in München offensiv aktiv sein müssen. Das wäre die Basis, um nach Real Madrid (2014) und Barcelona (2015) nicht zum dritten Mal in Folge in den Halbfinals an einer spanischen Mannschaft zu scheitern.
Die beiden Teams, die meist so gegensätzlichen Fussball zeigen, waren im Vorfeld des Hinspiels bemüht, den Gegner zu preisen. «Das wird ein grosses, grosses Spiel gegen ein grosses, grosses Team», sagte Guardiola. Bei Atletico wollen sich als klare Aussenseiter sehen. Captain Gabi sagte: «Unsere Stärke liegt in unserm Wissen, dass Bayern besser ist.» Aber sie könnten das durch ihre Leidenschaft ausgleichen, so der Mittelfeldspieler.
Gabi kommt gegen Bayern eine noch wichtigere Rolle zu als gewöhnlich. In Abwesenheit des verletzten Abwehrchefs Diego Godin ist er der grosse Chef im zu erwartenden Réduit der Spanier. Gabi agiert im zentralen Mittelfeld vor einer Innenverteidigung mit einem 20-Jährigen Franzosen (François Lucas) und einem 21-jährigen Uruguayer (José Maria Gimenez).