Die Tempelritter vom Santihans

Ein geheimnisvoller Orden hat auch in Basel Fuss gefasst: Die Tempelritter bilden seit 2014 eine kleine Gruppe im St. Johann. Was die Ritter hier vorhaben und weshalb ihr Name immer wieder für Missverständnisse sorgt. Kreuzwappen, Kerzen und ein Zeremonialschwert schmücken den Raum, gleich neben Fasnachtsbildern und «Blaggedde»: Ein kleines Atelier im St. Johann ist der […]

Im weissen Gewand: Der Templerorden in Basel zählt drei Ritter, einen Kaplan und einen Postulanten. Die «Chevaliers» möchten sich vor allem der ehrenamtlichen Quartierarbeit widmen und wurden auch vom Stadtteilsekretariat anerkannt.

Ein geheimnisvoller Orden hat auch in Basel Fuss gefasst: Die Tempelritter bilden seit 2014 eine kleine Gruppe im St. Johann. Was die Ritter hier vorhaben und weshalb ihr Name immer wieder für Missverständnisse sorgt.

Kreuzwappen, Kerzen und ein Zeremonialschwert schmücken den Raum, gleich neben Fasnachtsbildern und «Blaggedde»: Ein kleines Atelier im St. Johann ist der Hauptsitz der Basler Tempelritter. Richtig gehört, in Basel gibt es diesen Orden tatsächlich, wenn auch in einer kleinen Ausführung. 

Manch einer wird wohl stutzen, wenn er das Wort Templer hört: Als mysteriöse Ritter, angebliche Verschwörerzirkel in Umberto Ecos Roman «Das Foucaultsche Pendel» oder als oft missbrauchtes Label in Esoteriker-Kreisen ist der Begriff vielen geläufig. Wer aber nun an eine obskure Geheimloge denkt, befindet sich auf dem Holzweg: Die kleine Gruppe, die erst seit 2014 in Basel daheim ist, widmet sich der ehrenamtlichen Quartierarbeit. Kürzlich wurden die Templer vom Stadtteilsekretariat Basel-West anerkannt und sind auch mit im Boot bei der Vereinsgemeinschaft St. Johann.

Bekannte Gesichter bei den Basler Jugendfesten

Dass gerade ein Quartier, welches seinen Namen dem Johanniterorden verdankt, nun erneut Ritter beheimatet, ist kein Zufall: Die beiden Gründungsmitglieder Frédéric und Christine Währen sind schon lange im Santihans verwurzelt. Im Atelier der Polymechanikerin Christine Währen ist die Komturei seit über einem Jahr untergebracht. Sie und ihr Mann sind keine Unbekannten, wenn es um lokale Traditionen geht: Das Ehepaar engagiert sich seit Jahren bei der Organisation von Basler Jugendfesten und ist auch an der Fasnacht aktiv.

Auch wenn der Name Tempelritter salbungsvoll klingt, geht es vor allem praktisch zu und her. Immer wieder unterstützen die Templer Aktivitäten im Quartier, so etwa das diesjährige Jugendfest St. Johann, das im September in einer reduzierten Version, als Ritter-Umgang, über die Bühne gehen musste. Kürzlich unterstützten die Templer eine Spendenaktion und stifteten Computer-Bildschirme an ein polnisches Spital. Im Dezember ist geplant, zusammen mit der Vereinigung Pro St. Johann die Krippenlegung im St.-Johanns-Park zu übernehmen. Mit der Krippe im Park soll so die Adventsstimmung im Stadtteil gefördert werden.

«Wir sind keine Sekte»

Das einzige alte Ritual, das bei den Rittern aus dem Santihans noch gepflegt wird, ist das Anzünden der Kerzen zum Gedenken an die neun Gründungsväter in Jerusalem anno 1118. «Wir sind ein moderner Templerorden», sagt «Chevalier» Frédéric Währen. Er ist sich bewusst, dass viele Missverständnisse im Spiel sind, wenn manche Leute den Namen hören. Es gibt nämlich viele selbsternannte Templer. Die Bezeichnung ist nicht geschützt – anders der ins Vereinsregister eingetragene Name OSMTH (Ordo Supremus Militaris Templi Hierosolymitani) der grössten internationalen Tempelritterorganisation, welcher auch die Basler angehören. Dieses Netzwerk wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet und bezieht sich auf Vorläufer, auf andere Templer-Neugründungen früherer Jahrhunderte.

«Wir sind keine Sekte und auch keine Freimaurer», betont Frédéric Währen. Leider hätten selbsternannte Templer den Namen in Misskredit gebracht: Dubiose Sekten und sogar ein mexikanisches Drogenkartell haben sich den Titel zugelegt, auch der norwegische Rechtsextreme Breivik hat sich schon selbst als Tempelritter bezeichnet, wovon sich der OSMTH allerdings klar distanziert hat. Dabei betont Währen, dass die offiziellen Tempelritter auch mit den kriegerischen Ursprüngen zur Zeit der Kreuzzüge nichts am Hut haben wollen. «Der Grundgedanke ist humanitäre Hilfe», sagt «Chevaliesse» Christine Währen.



Geheimnisvoller Orden: Wappen mit Templerkreuzen, Zeremonialschwert und Kerzen kommen nur bei den paar wenigen verbliebenen Ritualen zum Zug.

Geheimnisvoller Orden: Wappen mit Templerkreuzen, Zeremonialschwert und Kerzen kommen nur bei den paar wenigen verbliebenen Ritualen zum Zug. (Bild: Michel Schultheiss)

Von der UNO anerkannte «Ritter»

Wie es zu dieser Neudeutung kam, hat eine lange Geschichte: Der ursprüngliche Templerorden wurde 1312 zwangsaufgelöst. Der OSMTH wurde jedoch vor einem anderen historischen Hintergrund gegründet, pflegt einen ökumenischen Grundsatz und wird daher vom Papst nicht anerkannt. «Mittlerweile werden die Templer von der UNO als Nichtregierungsorganisation für soziale Fragen anerkannt», sagt Währen.

In Basel ist die Gruppe überschaubar: Die Komturei besteht aus zwei Rittern, einer Dame und einem Ordenskaplan. Zudem gibt es einen Postulanten, der voraussichtlich nächstes Jahr in Toulon zum Ritter geschlagen wird. Diese Ehre wird Interessierten nicht einfach von heute auf morgen zuteil: Kandidaten müssen Zusammenkünfte, sogenannte Labungen, besuchen. In der Klause des Wasserfahrer-Vereins Rhenania treffen sich die Ritter jeweils zur Tafelrunde. Der kleine Orden finanziert seine Aktivitäten durch Mitgliederbeiträge und Spenden.

Hierzulande gibt es nebst Basel noch eine zweite Komturei in St. Gallen; diese beiden bilden die Präzeptorei Schweiz, welche wiederum dem Grosspriorat Frankreich unterstellt ist.

Weltweit zählt der OSMTH etwa 6000 Ritter. Auch wenn sich die Gruppe in einem religiösen Kontext sieht und die christliche Liturgie verwendet, hegt sie keine missionarischen Ambitionen: Man wolle weder bekehren noch «stündele», unterstreicht Frédéric Währen. Somit kommen die weissen Mäntel, die Halskreuze und das Schwert auch nur in den Zeremonien zum Einsatz. Ansonsten sind die Ritter bei ihren Tätigkeiten in Basel meist in Zivil unterwegs. «Bling-Bling ist nicht so unser Stil – wir sind eher bescheiden», meint Währen schmunzelnd.

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