Zwei grosse, schwarze Knopfaugen blicken aus dem kleinen, weissen Hundegesicht neugierig dem frühmorgendlichen Besuch entgegen. Der Malteser-Mischling hat die Nacht auf dem Flughafen Zürich verbracht, und zwar auf der Tierstation. Diese befindet sich im Frachtbereich.
Über dem Eingang prangt das Schild: «Vogelsang-Strasse». In der Station untergebracht werden Tiere, die in die Schweiz ein- oder ausreisen. Die Räume sind nüchtern und zweckmässig eingerichtet für die Unterbringung von Hunden, Katzen, Vögeln, Reptilien und weiteren Tieren.
Von Barcelona über Zürich nach Miami
Stefan Schelbert, einer von vier Tierpflegern, öffnet in einem der Räume einen riesigen vergitterten Zwinger. Das kleine Wollknäuel erkundet munter sein Reich. Der Vierbeiner ist am Vorabend in einer Transportbox von Barcelona gekommen. Via Zürich aus fliegt er gegen Mittag nach Miami weiter.
Nicht jeder Hund ist als Fracht unterwegs. Die Bedingungen, unter welchen Haustiere im Passagierraum reisen können, sind je nach Airline unterschiedlich. Die entsprechenden Internetseiten geben Auskunft; auch über die Anforderungen an die Transportboxen. «Fliegen bedeutet für jedes Tier immer Stress», sagt Schelbert.
In Zürich erhält das Hündchen Wasser und Futter. Auch wird anhand des implantierten Chips kontrolliert, ob Hund und Transportpapiere übereinstimmen.
Damit man den Chip ablesen kann, muss der Vierbeiner ruhig sein. «Da gibt es manchmal Probleme», sagt Schelbert. Insbesondere Schosshündchen seien oft verwöhnt, auf ihre Besitzerinnen fixiert und zeigten sich gegenüber männlichen Tierpflegern aggressiv. In Zürich gehöre zum Glück auch eine Frau zum Team.
Frachtarbeiter von Kampfhund empfangen
Apropos aggressiv: Schelbert erinnert sich, dass er einmal notfallmässig zu einem Flugzeug gerufen wurde. Das Gepäck könne nicht ausgeladen werden, da ein aggressiver Kampfhund in der Gepäckluke erscheine, liessen ihn verzweifelte Mitarbeiter des Gepäckdienstes wissen.
Der Hund hatte in der Tat seine Transportbox demoliert – aus Langeweile, wie Schelbert sagt. Danach habe sich das Tier einfach gefreut, jemanden zu sehen. Er kann die Angst der Frachtmitarbeiter aber durchaus nachvollziehen: «Für Ungeübte ist es nicht einfach, das Verhalten von Tieren richtig einzuschätzen.»
Dass Tiere ihre Box oder ein anderes Transportbehältnis im dunklen und geheizten Frachtraum des Flugzeugs verlassen, kommt sehr selten vor. «Der Supergau wären entlaufene Mäuse, die dann wichtige Kabel anfressen», sagt Schelbert.
Ein Drittel sind Hunde und Katzen
Nager und Reptilien werden in den Tierräumen häufig betreut. Auch Fische sind oft zu Gast. Grosstiere wie Pferde oder Kühe müssen in der Regel von Frankfurt aus abreisen. Hunde oder Katzen machen rund 33 Prozent der von Zürich per Flugzeug verschickten Tiere aus.
Schelbert schätzt an seiner Arbeit auch, dass man «nie weiss, was kommt». Der Tagesplan sieht stets anders aus, wie auch den Tier-Übergabeprotokollen zu entnehmen ist.
Eines bleibt sich jedoch immer gleich: das Putzen. «90 Prozent der Tätigkeit in der Tierstation bestehen aus Reinigungsarbeiten», sagt Schelbert. «Die Hygiene ist bei uns enorm wichtig. Wir können es uns nicht leisten, dass es plötzlich heisst: ‚Mein Hund hat Flöhe, seit er am Zürcher Flughafen war.’»