Fast drei Milliarden Franken vergessene Freizügigkeitsleistungen verwaltete die Auffangeinrichtung im vergangenen Jahr – so viel wie noch nie. Auf rund 632’000 Konten liegen ehemalige Pensionskassengelder, von denen die Besitzer nichts wissen.
Ein Stellenwechsel oder ein Arbeitunterbruch – und schon vergessen manchen Menschen ihre Vorsorgegelder. So erklärt Max Meili, Geschäftsleiter der Stiftung Auffangeinrichtung BVG, auf Anfrage der sda, die Gelder, die niemand beansprucht. «Die Leute kümmern sich nach ihrem Austritt aus der Pensionskasse nicht um ihr Vorsorgegeld und melden sich einfach nicht mehr.»
Der Transfer der angesammelten Gelder von der Pensionskasse des alten Arbeitgebers in jene des neuen oder an eine andere Einrichtung liegt in der Verantwortung des Arbeitnehmers. Handelt er nicht, landet das Geld spätestens zwei Jahre nach dem Austritt bei der Auffangeinrichtung.
Diese nimmt, wenn möglich, Kontakt mit dem Kontoinhaber auf. Hat dieser aber neben der Stelle auch noch die Adresse gewechselt, wird es schwierig. Die Auffangeinrichtung verwaltet das Geld, bis eine entsprechende Anfrage eingeht.
Von ein paar Rappen bis zu über einer Million
Dank einer besseren, systematischen Datenerfassung könnten immer mehr Konteninhaber ausfindig gemacht werden, sagt Meili. Mittlerweile kann bei 34 Prozent der insgesamt rund 960’000 Konten bei der Auffangeinrichtung der Besitzer kontaktiert werden, 65 Prozent des verwalteten Kapitals gelten als «zustellbar». Proportional nimmt der Anteil der vergessenen Gelder jährlich leicht ab.
In absoluten Zahlen aber nimmt sowohl die Höhe des Kapitals als auch die Menge der unzustellbaren Konten zu. 632’302 waren es im vergangenen Jahr, sechs Jahre zuvor erst 426’303. Mittlerweile werden über 2,97 Milliarden Franken «unzustellbares Kapital» verwaltet, gut 1,3 Milliarden Franken mehr als noch 2009.
In der Regel sind es eher kleine Pensionskassenguthaben, die vergessen gehen und bei der Auffangeinrichtung landen. Auf einigen Konten lagen im vergangenen Jahr gerade einmal ein paar Rappen, auf 258 verwalteten Konten betrug das Kapital dagegen über eine Viertelmillion Franken. Im Schnitt sind es 4700 Franken.
Kostenlose Anfrage per Formular
Neben dem Stellenwechsel sei ein Umzug ohne entsprechende Adressmeldung an die Vorsorgeeinrichtung ein weiterer wichtiger Grund für die Zunahme der Anzahl vergessener Konten, sagt Meili. Offenbar spielt hier die zunehmende Globalisierung eine Rolle. Immer mehr Schweizer verbringen eine gewisse Zeit im Ausland, sei es für die Arbeit oder für eine Auszeit. Einige vergessen dann, dass sie die angesammelten Pensionskassengelder in der Schweiz von der Kasse des alten Arbeitgebers an eine neue Vorsorgeeinrichtung überführen müssten.
«In verhältnismässig wenigen Fällen verteilt eine Pensionskasse einige Zeit nach dem Austritt einer Person freie Mittel und findet die Person nicht mehr», sagt Meili. Dieses Problem rührt daher, dass die Leute heute häufiger umziehen als früher und so schwieriger auffindbar sind.
Wer vermutet, er habe vergessene Pensionskassengelder, kann mit einem Formular der Zentralstelle 2. Säule eine Anfrage starten. Allein im letzten Jahr sind dort rund 35’000 Anfragen eingegangen – deutlich mehr als noch vor einigen Jahren, wie die Zentralstelle auf Anfrage mitteilt. Gründe für die Zunahme seien Medienberichte zum Thema, aber auch Behörden, die etwa bei Ergänzungsleistung- oder Sozialhilfebezügern genauer nachfragten.
Hohe Erfolgsquote nach Pensionierung
Doch selbst wer von sich aus nicht aktiv wird, hat mit Erreichen des ordentlichen Pensionierungsalters gute Chancen, entdeckt zu werden. Bei weiterhin bestehenden Guthaben vergleicht die Zentralstelle dann die Kontodaten mit den Daten der AHV-Ausgleichskassen. Selbst Angaben aus dem nahen Ausland werden teilweise einbezogen.
«Der grösste Teil wird nach erfolgter Pensionierung ausfindig gemacht, da die Leute in der Regel Renten beziehen und spätestens dann selber ein Interesse haben, dass ihre Adresse wirklich immer à jour ist», sagt Meili. Erst wenn eine Person bis zu ihrem 100. Geburtstag nicht gefunden werden kann, verfällt ihr Anspruch.
Dann fliessen die Gelder in einen allgemeinen Topf des Sicherheitsfonds der Zentralstelle, der am Ende allen Versicherten zugute kommt. Im Schnitt schickt die Auffangeinrichtung total rund 4,5 Millionen Franken jährlich an den Sicherheitsfonds. «Das zeigt, dass eben doch sehr viele Personen vorher gefunden werden.»